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Saubere Sache: Mit Plastik gegen Tretminen

Christof Wüllner ist im Hauptberuf eigentlich Geologe. In seiner Freizeit spendet er Kottüten. Seine Initiative „Stadt & Hund“ setzt sich schon lange dafür ein, dass die Tretminen von den Gehwegen verschwinden.

Erstaunlich, dass der Mann noch so viel Schwung hat. Trotz der vielen Widerstände. Christof Wüllner (44), Jeans, Hemd salopp über der Hose, schraubt gerade am Richardplatz in Neukölln einen Metallkasten an einen Laternenpfahl, zieht die Schellenbänder mit einem Ruck fest. Hinein hängt Wüllner 400 Plastiktüten, mit denen sich Hundehäufchen aufnehmen und entsorgen lassen. Dabei lächelt er einer Frau zu, die mit ihrem Retriever vorbeispaziert. Na, wie wär’s?

Wüllners Spender haben sich in Kiezen, in denen sie schon hängen, bewährt. Aber der Erfolg scheint den Senat und viele Verantwortliche in den Bezirken nicht zu interessieren. „Ich begreif’s nicht“, sagt Wüllner und fasst sich an den Kopf. „Wir rennen gegen Mauern. “ Und das seit zehn Jahren. So lange setzt sich seine Initiative „Stadt & Hund“ schon dafür ein, dass die Tretminen von den Gehwegen verschwinden. Die Lösung, die er mit Hilfe von rund 400 Beutelspendern in ausgewählten Kiezen inzwischen als Pilotprojekt verwirklicht, hat sich der redegewandte Gründer der Initiative gar nicht selbst ausgedacht. Beutelspender mit Gratistüten sind beispielsweise in Wien eine Selbstverständlichkeit, 3000 hängen in der Stadt, werden von den Reinigungsbetrieben befüllt und gewartet.

Bilanz: In Wien wird über Hundekot kaum mehr geschimpft. Doch auch in Berlin habe sich dort, wo Spender hängen, schon viel in den Köpfen der Hundehalter geändert, sagt Wüllner. „Es gilt jetzt eher die Norm. Man macht das halt weg.“ Im Hauptberuf ist Wüllner Geologe, hat in Neukölln ein eigenes Büro, fertigt Gutachten an. Wenn er über den „irrsinnigen Aufwand“ spricht, den er zusätzlich in der Freizeit leistet, nimmt er erst mal einen großen Schluck Kaffee. Die Finanzierung? Total unterschiedlich. Mal übers Quartiersmanagement, mal mit Spenden oder über den Bezirk. Die Genehmigung? Für jeden Kasten bürokratischer Stress. Und dann organisiert er noch ein Netzwerk von hunderten Paten, die in ihren Kiezen die Kästen befüllen. Wüllner nimmt alles sportlich.

„Was ich anfange, bringe ich durchs Ziel.“ Und es ist auch Zorn, der ihn antreibt. Über die Haufen, um die er mit seinen sechs- und achtjährigen Kindern in seinem Heimatkiez am Boxhagener Platz in Friedrichshain Slalom läuft. Aber er weiß auch, dass „Stadt & Hund“ eine flächendeckende Lösung in Berlin nicht schaffen kann. Sein Vorschlag: Die Berliner Stadtreinigung könnte zukünftig neben Abfallkörben die Beutelspender mitbetreuen. Seine saubere Sache bringt Wüllner daher auch an anderer Stelle voran: Stadt & Hund bereitet ein Volksbegehren für einen Gesetzentwurf vor, der eine berlinweite Lösung fordert. Kommen 20000 Unterschriften zusammen, muss sich das Abgeordnetenhaus damit beschäftigen. „Was selbst Buckow in der Märkischen Schweiz schafft, muss auch hier möglich sein“, sagt Wüllner. In Buckow hat er sein Ferienhaus. Dort hängen überall Beutelspender.

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