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Berlin: Schau in Blau

Susan Sarandon und TV-Talker Jay Leno sind ihre Fans: Die Blue Man Group gehört zu den erfolgreichsten Shows in Amerika. Ab 9. Mai treten sie erstmals außerhalb der USA auf – im Theater am Potsdamer Platz.

In den USA sind sie bekannt wie ein blauer Hund: die Blue Man Group, drei schwarz gewandete Gestalten, deren kahle Köpfe aussehen, als seien sie in blaue Lackfarbe getaucht worden. Ihre Shows gehören zu den erfolgreichsten in den Vereinigten Staaten. In Europa verbindet man mit den Blauköpfen höchstens die Werbung für einen Computerchip. Doch das soll sich ändern. Die Blue Man Group hat in Berlin für die nächsten Monate ein festes Quartier bezogen, genauer: das Theater am Potsdamer Platz. Hier tritt das Team die Nachfolge der Miezen aus „Cats“ an. Die Proben laufen derzeit. Am 9. Mai ist Europa-Premiere.

Die drei Masken in Blau führen aber kein Singspiel auf – was bei dem Theater, das einst als Musicalbühne eröffnet worden war, vielleicht zu vermuten gewesen wäre. Vielmehr sind sie echte Anti-Lloyd-Webbers: schräg, frech und subversiv. Musical-Feeling kommt schon deshalb nicht auf, weil eine Live-Band rockige Sounds beisteuert. Die Blue Man Group spielt auch nicht Klavier oder Synthesizer, sondern „Drumbone“ oder „Tubulum“ – Instrumente, die aus PVC-Rohren bestehen. Die Show ist Comedy, Performance und Multimedia-Ereignis zugleich, Gags, die von Gestik und Mimik leben, wechseln sich mit farbspritzender Aktionskunst und Technikschnickschnack ab. Kindergeburtstag trifft auf Knoff-hoff-Show, wenn erst mit Essenssachen herumgemanscht und danach die Funktion des menschlichen Auges erläutert wird.

Daheim in den USA kommen die Eskapaden der Truppe so gut an, dass deren Erfinder Matt Goldmann (42), Phil Stanton (43) und Chris Wink (42) mit Auszeichnungen überhäuft wurden. Ende der 80er Jahre hatten sie sich die Gesichter blau gepinselt und Kunsthappenings in New York veranstaltet. Später machten sie eine Show daraus, die sich heute zu einer Organisation mit festen Theatern in New York, Boston, Chicago und Las Vegas ausgewachsen hat. Die einstigen Studenten haben heute rund 500 Beschäftigte, darunter etwa 40 Blue-Man-Darsteller. Ab und an treten sie sogar noch auf. Ein Geheimnis ihres Erfolgs ist sicher auch, dass viele Größen aus Film und Fernsehen bekennende Blue-Man-Fans sind: Die Schauspielerinnen Susan Sarandon und Raquel Welch gehören ebenso dazu wie TV-Talkmaster Jay Leno, der die Truppe schon oft in seiner „Tonight“-Show zu Gast hatte. Die Verehrung in den USA geht so weit, dass es einen eigenen Fanclub gibt, der eine Internetseite betreibt.

In ihrer „Geburtsstadt“ New York tritt die Blue Man Group nach wie vor in dem winzigen Off-Theater Astor Place Theatre mit 199 Plätzen auf, von dem sie aus ihren Siegeszug antrat. Da hat die Show in Las Vegas schon andere Dimensionen: 1200 Zuschauer passen in das „Luxor“-Theater hinein, das zum gleichnamigen Hotel gehört – mit 4500 Zimmern eines der größten der Welt. Etwa ein Dutzend Vorstellungen pro Woche laufen hier - fast alle sind ausverkauft. Auf diesen Erfolg hofft auch der Unterhaltungskonzern Stage-Holding, der die Blaumänner in sein Theater am Potsdamer Platz geholt und damit tunlichst vermieden hat, die eigene Produktion „Les Miserables“ (Theater des Westens) der Konkurrenz eines anderen Musicals auszusetzen.

Mit 1800 Plätzen ist das Haus am Potsdamer Platz anderthalb mal so groß wie das Pendant in Las Vegas. Neun Mal pro Woche bei zwei spielfreien Tagen muss es mit Zuschauern gefüllt werden. Mehrere Millionen Euro – genaue Zahlen sind nicht zu erfahren – kostet die Produktion. Die Bühne wurde dafür aufwändig umgebaut, sie erhielt unter anderem ein Abflusssystem, damit sie nach dem Auftritt einfach abgespritzt werden kann. Eine Renovierung erfuhr auch die Inszenierung selber. Ein Autorenteam passte Szenen und Gags an deutsche Verhältnisse an, denn nicht jeder US-Witz ist hier ein Brüller. „Berlinisiert“ ist das Bühnenbild, auf dem sich statt der Wüste Nevadas das Brandenburger Tor auftut. Aber eines bleibt wie in Amerika: Die Zuschauer sind Teil der Show. Leute werden (freiwillig) auf die Bühne geholt, während die blauen Männer wiederum gern von der Bühne aus ins Publikum klettern, um dort Schabernack zu treiben. Interaktion heißt das wohl. Was genau die Blue Man machen? Ab 9. Mai ist’s im Theater mit der Postadresse Marlene-Dietrich-Platz1 zu sehen. Apropos Marlene: die hat ja auch mal blau angefangen – als „Blauer Engel“.

Mehr über die Gründer der Blue Man Group lesen Sie in unserer Theater-Beilage „Spielzeit“, die am 29. April erscheint. Tickets für die Blue Man Group kosten 49,90 und 59,90 Euro und sind unter (01805) 44 44 erhältlich. Internet: www.bluemangroup.de.

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