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Schauplatz BERLIN (Rätsel 20): Der Schwärmer als Held

Fast an jeder Ecke in Berlin hängt eine Gedenktafel, 2846 sind es insgesamt. Der Tagesspiegel bietet jede Woche ein Gedenktafel-Rätsel. Sie, liebe Leserinnen und Leser, dürfen jeweils herausfinden, ob Sie den Ort, die Person beziehungsweise das Ereignis kennen. Rätseln Sie mit bei Folge 20!

Hätte das politische Blatt sich anders gewendet, wäre dieser in Lemgo erzogene Sohn eines lippischen Landrats heute als Verräter vergessen. Der enthusiastische Knabe, poetisch interessiert, pietistisch inspiriert, kommt mit zwölf als Fahnenjunker zum Militär. Bei der vernichtenden Niederlage von Jena verlässt er, von patriotischer Schwärmerei beseelt, als letzter das Schlachtfeld. Vaters Tod und „Preußens Unglück“ zehren an seiner Gesundheit. Er macht mit bei einem wilden Husarenaufstand gegen die französischen Besatzer; deren preußische Zwangsalliierte verknacken ihn zu Festungshaft.

In Berlin schreibt er Historiendramen. Vom König neu eingestellt als Leutnant, blüht er auf am Liebhabertheater einer schlesischen Garnison. Auf Heimaturlaub in Westfalen jagt ihn die Besatzerpolizei. Als die Armee des Zaren das Invasionsheer Napoleons zurückschlägt, schließt der 25-Jährige sich ihr an, rückt ein ins befreite Königsberg. Dringt an der Spitze einer Vorhut nach Berlin ein - wird von Salven des Gegners niedergemäht. Drei Wochen später erklärt der Monarch, den der Gefallene so verehrt hatte, Frankreich den Krieg.

„Hier leb’ ich meine süßen Phantasien / Vor meinen hohen goldnen Idealen muss die verhasste Wirklichkeit entfliehn / wie Morgendunkel vor der Sonne Strahlen“, hatte er 1806 gedichtet. In seinem „Kriegslied“ hieß es damals: „Es knüpft uns fest der Liebe Band, an unsres Thrones Erben. Wir kämpfen für das Vaterland / Bereit, den Säbel in der Hand, den Heldentod zu sterben. Und konnte uns der Feinde Fluth bei Jena auch bezwingen / Wir fanden wieder unsern Muth …“

Als das geflohene Königspaar 1809 nach Berlin zurückkehrte, jubelte er: „Und aus der Liebe himmlischem Gefühle entkeimt der Hoffnung leiser Dämmerschein: Nach langen Winters grausenvoller Kühle wird junger Lenz uns seine Rosen streun. Der bangen Stunden Schmerz ersetzt uns diese und laut bricht die beglückte Menge aus: Es lebe Friedrich Wilhelm und Luise / Es lebe hoch der Zollern großes Haus!“

Sieben Jahre nach dem Tod dieses so- genannten ersten Opfers deutscher Freiheitskämpfe hat ein populärer Romancier seine Schriften ediert. Zum 100. Todestag ersetzte man an dem Ort, wo er starb, eine Marmortafel, die ihn ehrte, durch einen Vierkantstein samt Metallplatte, der heute umgrünt an einer Kreuzung steht. Gegenüber: Wohnblocks, ein Friedhof. Nebenan ein Schild zum Hinweis auf den Umzug des Museums gegen den Krieg; das logierte früher in der nahen Hallenkirche.

Auf dem Stein: ein gemeißelter Helm samt Busch. Rechts- und linksseitig: verwitterte Ornamente. Auf der Vorderseite: die Gedenktafel mit Inschrift. Auf der Rückseite: nichts.

Wer war’s? Wo ist die Tafel? Die Auflösung finden Sie am Mittwoch unter www.tagesspiegel.de

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