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Schauplatz Berlin (Rätsel 3): Da ruht sie in sich

Fast an jeder Ecke in Berlin hängt eine Gedenktafel, 2820 sind es insgesamt. Der Tagesspiegel bietet jede Woche ein Gedenktafel-Rätsel. Sie, liebe Leserinnen und Leser, dürfen jeweils herausfinden, ob Sie den Ort, die Person beziehungsweise das Ereignis kennen. Rätseln Sie mit bei Folge Drei!

Alte Damen gibt es heute nicht mehr, weiß der Volksmund: Die, die man trifft, die sind von früher. Das darf man von ihr auch so sagen. Sie hat mehr Jahre auf dem Buckel als die Mannschaften von Hertha und Union zusammen, steht aber nicht selbst im Fokus unserer heutigen Recherche. Gesucht ist nicht ihr Herz, nein: ihr eigentliches Zentrum. Da sie eine Seniorin mit Erfahrung ist, hätten wir gedacht, sie weiß, wo das liegt. Nachgesagt wird ihr, sie habe ein gefühltes hüben und ein gefühltes drüben. Vor Jahren war sogar die Rede von ihrer neuen Mitte, wo wohl echt die Post abging (doch ist das länger her, wie manches an ihrer Geschichte).

Tatsächlich war die Post für sie vormals woanders abgegangen. Eine kantige Säule mit Spitze markierte vor mehr als 280 Jahren ihren offiziellen Punkt Zero, von dem aus alle Poststraßen Preußens zu vermessen waren; Ende der 1970er Jahre wurde dieser Obelisk rekonstruiert. Aber weder dort scheint sie ganz in sich zu ruhen, noch finden wir den Bestimmungspunkt ihrer innersten Koordinate ein paar Meter östlich, an der Schnittstelle Leipziger Straße / Seydelstraße in Mitte, von wo seit 1991 die Distanzen zu anderen Kommunen berechnet werden. Oder wäre etwa der Fahnenmast auf dem Regierungssitz ihres aktuellen Landesherrn, an dem sich die Kartenvermesser orientieren, der gültige Nabel ihrer sich wandelnden Persönlichkeit?

Die gesprenkelte Steintafel, nach der wir anlässlich ihres Geburtstags Ausschau halten, liegt in einer Grünanlage mit Platanen- und Birkenallee auf vier eckigen Granitsäulchen. Hinter den Büschen Sportplätze, auf der anderen Straßenseite Neubauwohnungen. Da wir uns in Preußen befinden, warnt eine weitere Anzeige: „Betreten bei Schnee und Glätte auf eigene Gefahr.“ Leicht übersehbar eingelassen im Asphalt ist eine runde Metallscheibe mit Inschrift: Hier befinde sich der Bezugspunkt einer Messung. Auf eben diese Scheibe verweist unterm Halbdunkel der Büsche und Laubbäume die Aufschrift der Granitplatte. Ermittelt wurde dieser Ort im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrtausends per Computer. Doch wer das Verfahren analog nachvollziehen möchte, stelle sich das so vor: Unsere in die Breite gegangene Jubilarin liegt wie ein unregelmäßig geschnittenes Brett auf einem sehr dünnen Gegenstand – und genau da, wo sie sich perfekt in der Waage hält, findet sie diesen Ort. Und ist hier vermutlich endlich ganz bei sich.

Was für ein Ort ist das? Wo finden Sie die Tafel? Auflösung am Mittwoch auf www.tagesspiegel.de/schauplatz

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