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Thilo-Harry Wollenschlaeger

© Kitty Kleist-Heinrich

Schaustellerverband Berlin: „Der Spaß muss bezahlbar bleiben“

Der Vorsitzende des Berliner Schaustellerverbandes, Thilo-Harry Wollenschlaeger, spricht über das Vorweihnachtsgeschäft in Berlin, die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und die wachsende Anzahl der Weihnachtsmärkte.

Wie wichtig ist die Vorweihnachtszeit für die Berliner Schausteller?

Die Vorweihnachtszeit und die Weihnachtsmärkte sind sehr wichtig für uns, nicht nur geschäftlich, auch sozial. Es ist die Zeit, in der wir etwas an die Menschen zurückgeben können.

Wie haben Sie die Wirtschaftskrise der letzten Jahre zu spüren bekommen?

Nicht so sehr. Im Vorjahr haben wir auf dem Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche einen Rekord von 2,6 Millionen Besuchern verzeichnet. Was uns mehr Schwierigkeiten macht, sind die Bürokratie und die Gebühren. Während vor einigen Jahren jede Veranstaltung ein Formular bedeutete, füllt heute jede Veranstaltung einen Aktenordner mit Genehmigungen und Sondergenehmigungen. Die Auflagen sind zum Teil belastend. Um ein Beispiel zu nennen: Es gab eine erfolgreiche Klage gegen Konzerte in der Zitadelle Spandau wegen Lärmbelästigung. Aufgrund dessen wurde das Oktoberfest 2009 nicht genehmigt und auch das Spandauer Volksfest dieses Jahr aus Lärmschutzgründen abgesagt, dabei hatte sich in der Vergangenheit niemand über den Lärm beschwert. Was auch zunimmt, sind die Gebühren für die Straßenlandnutzung. Hinzukommen dann noch alle weiteren Kosten wie Strom, Wachschutz, Müllentsorgung oder Werbung. Da hängen auch eine ganze Menge Arbeitsplätze dran, was keiner sieht. Sie alle sind bedroht, wenn solche Volksfeste unwirtschaftlich werden.

Wie beurteilen Sie die wachsende Anzahl der Berliner Weihnachtsmärkte?

Die inflationäre Zunahme an Weihnachtsmärkten, Straßenfesten und anderen Veranstaltungen ist aus unserer Sicht keine gute Entwicklung. Durch die vielen Feste verlieren wir in Berlin unsere Identität. Dadurch dass alle Weihnachtsmärkte von privaten Veranstaltern betrieben werden und die Bezirke hier einfach dran verdienen können, scheint es auch kein Interesse daran zu geben, ihre Anzahl einzudämmen oder auf das Angebot zu achten. Insgesamt fehlt die klare Positionierung der Stadt und der einzelnen Bezirke. Anstatt die Flächen anonym zu vermieten, wäre es viel besser, wenn jeder Bezirk oder die Stadt Ausschreibungen nach klaren Kriterien machen würde. Ich habe nichts gegen Konkurrenz, im Gegenteil, aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen, vor allem die Gebühren. Am Ende werden sonst die Preise für die Kunden zu hoch oder stehen in keinem Verhältnis mehr. Der Spaß muss für jeden bezahlbar bleiben. Das geht aber nicht, wenn ein Karussellbetreiber 30 000 Euro Standmiete zahlen muss, aber nur einen Euro pro Fahrt nimmt. Weil die Rahmenbedingungen hier nicht stimmen, bauen viele Berliner Schausteller auch gar nicht mehr in Berlin auf.

Das Gespräch führte Tong-Jin Smith.

Thilo-Harry Wollenschlaeger ist Vorsitzender des Schaustellerverbands Berlin. Der Verband veranstaltet traditionell den Weihnachtsmarkt

an der Kaiser-Wilhelm Gedächtniskirche.

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