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Berlin: Schaut in dieses Stadion

Die Fußball-Weltmeisterschaft ist zwar erst 2006, aber schon heute kommen Inspekteure der Fifa und sehen sich im Olympiastadion um. Für sie gibt es viel zu beachten

Wo soll das Buffet für die Ehrengäste nach dem WM-Finale aufgebaut werden… – man denke nicht, das sei eine nebensächliche Frage. Bis zu 15 Prozent der Karten für die Weltmeisterschaft 2006 stehen schließlich dem Weltfußballverband Fifa zu, der sie an Sponsoring- und andere Geschäftspartner, Förderer, Funktionäre und Ehrengäste vergibt. Und denen sollen die Scampi nicht in dunklen Katakomben serviert werden. Oder, wie es Horst Schmidt sagt: „Die WM-Standards liegen bekanntlich sehr hoch.“ Schmidt ist der für die Stadien zuständige Vizepräsident des deutschen Organisationskomitees der WM (OK), und am heutigen Dienstag kommt er mit einer 20-köpfigen Fifa- und OK-Delegation nach Berlin. Ins Olympiastadion, um genau zu sein, im Rahmen einer achttägigen Inspektionsreise zu allen zwölf WM-Spielstätten, die heute in Frankfurt am Main begonnen hat.

„Ziel ist es, allen Beteiligten ein Bild von den Gegebenheiten vor Ort zu vermitteln, damit wir frühzeitig die weiteren Schritte abstimmen können“, sagt Schmidt. Oder, wie es der Pressesprecher des OK Jens Grittner ausdrückt: „Für die Leute von der Fifa ist es die erste Gelegenheit seit der Vergabe der WM im Jahr 2000, die Spielstätten wirklich zu besichtigen.“ Mitglieder der Delegation sind seitens der Fifa Kommunikationsdirektor Markus Siegler, WM-Eventmanager Urs Kneubühler und der Sicherheitsfachmann Walter Gagg. Die Marketingtochter der Fifa ist vertreten, dazu der Rechteinhaber Infront und die TV-Produktionsfirma HBS, die die Fernsehbilder der WM-Spiele liefern wird. Fürs OK sind neben Schmidt Vizepräsident Wolfgang Niersbach und sechs Abteilungsleiter dabei.

Das Bild, das ihnen das Olympiastadion bieten wird, ist zwar gegenwärtig noch weniger beeindruckend; so klafft anstelle der späteren Haupttribüne weiterhin nur ein riesiges Loch im Stadionoval, hinter dem nackt die Außenwand aufragt. Doch Stadion-Bauleiter Hans-Wolf Zopfy und Jürgen Kießling von der Sportverwaltung haben nicht nur jede Menge Übung im Erläutern der Umbaupläne, ihnen stehen in der Stadion-Ausstellung im Haus des deutschen Sports auf dem Olympiagelände auch ausgefeilte Simulationen und Muster-Räume – Ehrenloge, Spielerkabine – zur Verfügung. Das Frankfurter Waldstadion ist ebenfalls noch eine Baustelle. Dennoch erklärte ein Fifa-Sprecher nach der Besichtigung am Montag: „Hier ensteht ein fantastisches Stadion, das absolut WM-tauglich ist.“

Und falls während des Rundgangs jemand fragt, warum denn die Planen in der Dachkonstruktion – weite Teile der Gegentribüne sind inzwischen überdeckt, die Dachträger bis hin zur Anzeigetafel montiert – undurchsichtig und schmutzig-beige statt durchscheinend und farblos sind, dann lautet die Antwort: Das ist nach einem halben Jahr ausgeblichen.

Doch was das Stadion betrifft, steht am Dienstag weniger der Regenschutz für die Zuschauer im Mittelpunkt als die Bereiche für die Spieler, die Medien – da geht es um Reporter-Arbeitsplätze, Kamerastandpunkte, das temporäre Pressezentrum, das auf dem Maifeld eingerichtet werden soll – und nicht zuletzt die VIPs. Sie werden im Olympiastadion aus einer separaten Tiefgarage von den übrigen Zuschauern getrennt zu ihren Plätzen gelangen, und für das Buffet und die Feier nach dem Spiel sind für sie 10 000 Quadratmeter hinter der Ehren- und der Gegentribüne reserviert.

Schließlich wird die Sicherheit Thema der dreistündigen Visite sein: Zäune, Überwachungskameras, die Zugangskontrolle. 2006 werden beim Eintritt keine Pappkarten mehr abgerissen, sondern jeder Besuch soll eine personalisierte Chipkarte mit seinen persönlichen Daten erhalten, um Hooligans abzuhalten und den Schwarzmarkt zu unterbinden. Darum, wer die Installation dieses Systems und die nötigen Lesegeräte bezahlt, gibt es übrigens zwischen der Baufirma Walter Bau und dem Senat noch einen Streit.

Die Fifa-Abgesandten wollen dann am Abend noch einige Berliner Hotels besuchen: darunter das Interconti, das Hyatt, das Adlon, das während der WM voraussichtlich als Fifa-Hauptquartier dienen soll – und für Juni 2006 schon jetzt keine Betten mehr frei hat.

Holger Wild

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