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Berlin: Schick durch die Rezession

„Made in Berlin“: Second-Hand-Laden macht auf Nobel-Boutique

Es waren harte Jahre. Mit Schweiß auf der Stirn gruben Jugendliche in Second- Hand-Shops Berge von muffelnden Schlaghosen um, auf der Suche nach dem originellsten Muster und der richtigen Größe. Alternativ war angesagt in den 90ern. Die schummrige Kramladenatmosphäre gehörte dazu.

Wer im neuen „Made in Berlin“ in der Potsdamer Straße 105 (Höhe Kurfürstenstraße) steht, ahnt, dass diese Zeiten vorbei sind. Strahlend weiß die Wände, die Decken hoch und verziert mit sorgsam restauriertem Stuck. Die Kleiderstangen und -tische haben Platz auf 400 Quadratmetern Verkaufsfläche, mittendrin steht eine schwarze runde Ledercouch, die auch in Yves-Saint-Laurent-Läden passen würde. „Made in Berlin“ gibt es schon lange in der Potsdamer Straße. Die erste Adresse war ein paar Meter weiter nördlich. Dort lief der Mietvertrag Ende August aus, und den Umzug nutzte Geschäftsführer Bernd Gußmann für einen kompletten Image-Wechsel. Er sagt: „Nicht die Second-Hand-Mode hat sich geändert, aber die Kunden.“ Die wollen nicht mehr wühlen und Mief mögen sie nicht. Die suchen Designer-Mode zum kleinen Preis. Oder eben etwas, was nach Designer aussieht. Und das kaufen sie in schicken Boutiquen – oder in Läden, die wenigstens so aussehen. Auch die aktuelle Mode spült Kundschaft in das neue Geschäft. Designer kombinieren Schick und Trash, nehmen Altes und Abgewetztes in ihre Kollektionen auf. Und davon findet man viel im Second-Hand-Laden – und zwar wesentlich billiger. „Sogar Firmen, wie Diesel nehmen original Second- Hand-Ware in ihr Sortiment auf“, sagt Gußmann. „Weil es authentischer ist.“ Er will aber nicht nur junge Leute mit dem aufgeräumten Äußeren seines Ladens ansprechen, sondern auch ältere Kunden, die sich bisher vom schmuddeligen Image der Second-Hand-Läden abschrecken ließen. „Wir sind in einer Rezession“, sagt Gußmann, „das ist die Zeit für Second-Hand-Shops.“

Anne Seith

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