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Berlin: Schick in Strick

Mode ist zweierlei. Erstens das, was wir anziehen.

Von Susanna Nieder

Mode ist zweierlei. Erstens das, was wir anziehen. Für die meisten Berliner heißt das: am liebsten praktische Kleidung, in der man möglichst nicht auffällt und sich ungestört den eigentlichen Dingen des Lebens widmen kann. Mit dieser ehernen Haltung haben alle Berliner Modedesigner zu kämpfen, die sich ein bisschen mehr Experimentierfreude wünschen. Einer von ihnen ist Merch Mashiah, der die Berlinerinnen seit fast 20 Jahren zu etwas mehr Sinnlichkeit überreden will. Unter seinem Label "Mashiah arrive" macht er vor allem Strick. Zusammen mit dem Modedesigner Kedem Sassoon und der Schmuckdesignerin Vered Laor aus Tel Aviv zeigte er eine Modenschau mit Anregungen, wie sich frau jenseits von Blazer und Kostüm kleiden kann.

Und das ist die andere Seite der Mode: die Show, die Schönheiten auf dem Laufsteg, der Rhythmus, der aus dem reinen Vorführen von Kleidern eine unterhaltsame, manchmal sogar eine spannende Darbietung machen kann. Die Schau im Ballroom der Jüdischen Gemeinde war tadellos organisiert und mit guten Models und auf die Mode abgestimmter Musik sorgfältig choreographiert. Es ging los mit einfachen, anthrazitfarbenen Kleidern von Sassoon, aufgepeppt mit schaumigen Gehängen von Vered Laor, deren Material sich bei näherem Hinsehen als schlichte silberne Topfreiniger erwies. Sassoon kleidet Frauen einerseits in weite, leicht ausgestellte Mäntel, andererseits liebt er Einblicke - selten hat man so viele hübsche Bäuche gesehen. Auffällig war vor allem eine Kollektion von schlichten Kleidern und Anzügen aus rauer, schwarzer Dupionseide mit leuchtend bunten Applikationen, zum Teil japanisch angehaucht-wattiert, zum Teil riesige Rosen zu lose fallenden, mädchenhaften Kleidern im Empirestil.

Mashiah zeigte sehr feinen Strick mit symmetrischen Mustern, drapiert und gewickelt, auch viel Körpernahes unter weiten, über eine Schulter fallenden Oberteilen, und zum Schluss eine hauchzarte Pracht von Abendjacke aus wippender Organza. Da war die Stimmung, anfangs etwas verhalten, schon so aufgekratzt wie normalerweise nur auf eine der Jahrespräsentationen der Modeschulen. Dies war die erste Modenschau im Rahmen der Jüdischen Kulturtage. Man kann davon ausgehen, dass weitere folgen werden. Denn: es hat allen richtig Spaß gemacht.

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