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Berlin: „Schily will die Liste aus Ankara“

Wie türkische Blätter über das Thema Rückeinbürgerung berichten

„Sie konnten das Problem nicht lösen“, und „Schily will von Ankara die Liste der Doppelpassbesitzer“ titelten alle türkischen Zeitungen am Dienstag. Aus der Sicht der meisten türkischen Blätter ging das Treffen des türkischen Innenministers Abdülkadir Aksu am Montag vor einer Woche mit seinem deutschen Amtskollegen Otto Schily (SPD) ohne eine zufrieden stellende Lösung aus. Schätzungsweise haben 50 000 eingebürgerte Türken einen ungültigen deutschen Pass, und Innenminister Schily möchte ihre Namen. Die türkische Seite möchte diese Namen nicht nennen, schrieben die Zeitungen.

Nach dem 1. Januar 2000 eingebürgerte Deutsche, die ursprünglich nicht aus einem EU-Land kommen, dürfen ihre ehemalige Staatsangehörigkeit nicht wieder beantragen. Wer es getan hat, hat damit automatisch seine deutsche Staatsangehörigkeit und auch das Wahlrecht, beispielsweise zu den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, verloren. Die dortige Landtagswahl am 22. Mai kam bei dem Treffen der Minister zur Sprache. „Es wäre eine ungünstige Situation, wenn ein Wahlergebnis auf Grundlage solcher Unwahrheiten in irgendein Zwielicht geriete“, sagte Schily. Denn in Nordrhein-Westfalen haben die Ordnungsämter im März begonnen, tausenden türkischstämmigen Deutschen, die seit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts eingebürgert wurden, einen Brief zuzuschicken. In diesem werden eingebürgerte Türken unter Androhung eines Bußgeldes aufgefordert, sich zu melden, falls sie nach dem 1. Januar 2000 auch wieder ihre alte Staatsbürgerschaft erworben haben. Das Thema beschäftigt seit Wochen die türkischen Blätter. Die Aktion in NRW könnte Modellcharakter für andere Wahlen haben. In Berlin werden 2006 die Menschen nicht nur den Bundestag wählen. Es finden zeitgleich auch die Abgeordnetenhaus- und Bezirkswahlen statt. Hier hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD) im Februar den Rückeingebürgerten eine Frist angeboten. Sollten sie bis zum 31. August bei der Ausländerbehörde einen Aufenthaltstitel beantragen, könnten sie anschließend in einem beschleunigten Verfahren erneut den deutschen Pass beantragen, sagte der Innensenator. Dann müssen sie sich endgültig entscheiden, die türkische Staatsangehörigkeit aufzugeben.

Nach Einschätzung türkischer Verbände verloren in Berlin 4000 bis 5000 eingebürgerte Türken die deutsche Staatsangehörigkeit, weil sie nach dem 1. Januar 2000 einen türkischen Pass beantragt haben. Wie viele von ihnen sich bei den Ausländerämtern gemeldet haben, steht nicht fest, aber bis zu den nächsten Walen ist ja noch Zeit.

Suzan Gülfirat

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