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Berlin: Schlappe für die Schulverwaltung

Knapp ein Jahr nach der Suspendierung des Steglitzer Lehrers Karl-Heinz S. wegen angeblich rechtsradikaler Tendenzen ist ein Ende des vom Landesschulamt geführten Verfahrens nicht in Sicht.

Knapp ein Jahr nach der Suspendierung des Steglitzer Lehrers Karl-Heinz S. wegen angeblich rechtsradikaler Tendenzen ist ein Ende des vom Landesschulamt geführten Verfahrens nicht in Sicht. Und dies liegt nicht nur an der Komplexität des Falls, sondern auch an einem peinlichen Verfahrensfehler, der die Ermittlungen mehrere Monate blockierte. Wie der Tagesspiegel erfuhr, gestattete das Landesschulamt der im Mai bestellten Untersuchungsführerin, sich aus dem Verfahren zurückzuziehen und benannte einen "Ersatzmann". Dazu aber war das Amt gar nicht befugt, wie das Verwaltungsgericht nach einem Einspruch des Anwalts von S., Torsten Hippe, im September entschied. Das Gericht ließ sich auch nicht von dem Einwand der Untersuchungsführerin beeindrucken, dass sie überlastet und zudem befangen sei, weil ihr Lebensgefährte mit einem Berater von S. bekannt war.

Inzwischen hat die Untersuchungsführerin mit den Zeugenvernehmungen begonnen. Angehört werden Lehrer, Eltern und Schüler. Laut Hippe beruhen viele Vorwürfe, die gegen S. erhoben werden, auf Berichten vom "Hörensagen". Bisher gehe es um die angeblich rechten Tendenzen und umstrittene Methoden im Unterricht von S. Später soll ein Buch aus der Feder des Lehrers unter die Lupe genommen werden.

Dieses Buch über die Wehrmachtsausstellung hatte vergangenes Jahr die Elterninitiative vom Gymnasium Steglitz alarmiert. Sie machte den Fall publik mit dem Vorwurf, dass S. die Rolle der Wehrmacht verharmlose. Die Initiative, zu der auch Moderator Günter Jauch gehört, bekam Unterstützung vom wissenschaftlichen Direktor im Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr in Potsdam, Rolf-Dieter Müller, der befand, dass S. "den Jargon der Massenmörder ohne Anführungszeichen übernimmt". Müllers "Eindruck" nach ordnet sich das Buch in eine "Kampagne von rechtsaußen" ein, die bezwecke, "die deutsche Kriegsschuld zu leugnen oder zu minimieren".

S., der während der Ermittlungen seine vollen Lehrerbezüge erhält, kündigte bereits an, dass er sich "weiter kritisch" mit der inzwischen überarbeiteten Wehrmachtsausstellung auseinander setzen wird, die am Dienstag nach Berlin kommt.

Mittlerweile steht fest, dass der Fall S. keineswegs so schnell und klar zu lösen ist, wie das vor einem Jahr schien. So scheiterte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus-Uwe Benneter, mit seiner Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen S. Die Staatsanwaltschaft in Potsdam argumentierte, dass die Sache verjährt sei, weil die Veröffentlichung des umstrittenen Buches mehr als sechs Monate zurückliege. Dies aber will Benneter nicht gelten lassen, weil zwischenzeitlich eine neue Auflage des Buches erschienen war. Dies teilte er der Staatsanwaltschaft bereits im Mai mit, erhielt aber darauf keine Antwort.

Aus dem Hause von Schulsenator Böger gibt es keinen Kommentar zu dem Fall. Für den Chef des Berliner Beamtenbundes, Joachim Jetschmann, steht allerdings fest, dass solche Fehler wie die Abberufung der Untersuchungsführerin im Fall S. "nicht passieren dürfen". Und er betont, dass er dafür "kein Verständnis hat angesichts der vielen Juristen im Landesschulamt".

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