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Berlin: Schloßstraße, Müllerstraße, Hackescher Markt - überall muss ab 2000 gezahlt werden

Nicht das Abzocken der Autofahrer stehe im Vordergrund, vielmehr solle Dauerparkern ein Riegel vorgeschoben werden. 1999 fanden übrigens 635.

Nicht das Abzocken der Autofahrer stehe im Vordergrund, vielmehr solle Dauerparkern ein Riegel vorgeschoben werden. 1999 fanden übrigens 635.000 Autofahrer ein Knöllchen am WischerKlaus Wieking

Autofahrer werden im kommenden Jahr an erheblich mehr Stellen der Stadt als bisher für ihren Parkplatz zahlen müssen. Vor allem die Innenstadtbezirke planen eine massive Ausweitung der Zonen für Parkraumbewirtschaftung. Das "Abzocken" der Autofahrer steht nach Aussage der Verkehrsplaner nicht im Vordergrund, ihr Ziel ist es vielmehr, auf Kosten von Dauerparkern Platz für Kurzzeitparker zu schaffen.

Karl-Heinz Winter ist zufrieden. "Das wesentliche Ziel des Pilotprojektes ist erreicht. Es gibt deutlich mehr freien Parkraum", sagt der Referent in der Abteilung Verkehr in der Senatsverwaltung. Vor fünf Jahren startete das Land das Pilotprojekt Parkraumbewirtschaftung und schuf nach und nach in der City Ost (Mitte) und City West (Charlottenburg, Schöneberg, Wilmersdorf) Parkzonen mit insgesamt 32 200 gebührenpflichtigen Stellplätzen. Wer auf ihnen parken will, muss für 30 Minuten eine Mark, an besonders frequentierten Orten wie dem Hardenbergplatz sogar zwei Mark zahlen. Nur Anwohner können eine 50 Mark teure Vignette erwerben, die ihnen ein Jahr lang das Parken auf den bewirtschafteten Parkplätzen gestattet.

Das Projekt hat auch nach Meinung der Kritiker Bewegung in den ruhenden Verkehr gebracht. Dauerparker wie Angestellte, die bisher mit dem Pkw vom Wohnort zu ihrem Arbeitsplatz fuhren, sind auf die öffentlichen Verkehrsangebote umgestiegen und haben die Parkplätze für Kurzzeitparker freigemacht. Davon profitieren vor allem Geschäftsleute, die auf motorisierte Kunden angewiesen sind. Doch auch für die Bezirke ist das Geschäft mit den Parkzonen nicht unlukrativ, so erwirtschaftete das Land mit dem Pilotprojekt 1998 immerhin sechs Millionen Mark. Dieses Geld wird ab 2000 in die Kassen der Pilot-Bezirke fließen, denn nach fünf Jahren ist der Modellversuch abgeschlossen.

Gelockt von den verkehrlichen und fiskalischen Vorteilen der Parkraumbewirtschaftung werden vor allem innerstädtische Bezirke ihre gebührenpflichtigen Parkzonen ausweiten oder welche schaffen. Weitgehend einig sind sich Bezirke und Land über die Einführung von Parkzonen entlang der Schönhauser Allee (Prenzlauer Berg) und entlang der Haupt-, Rhein- und Schloßstraße (Schöneberg/Steglitz) im Jahr 2000. Auch Weißensee hat für Parkzonen in den Seitenstraßen entlang der Berliner Allee ein Konzept beim Senat eingereicht. Konkret in Vorbereitung für das Jahr 2000 sind auch Parkzonen im Bereich Spandauer Vorstadt, Karl-Marx-Allee, Frankfurter Allee (Mitte, Friedrichshain) sowie in der Müller- und der Turmstraße (Wedding, Tiergarten). In den Bezirken Neukölln (Bereich Karl-Marx-Straße) und Köpenick (Altstadt, Bereiche Bahnhofstraße und Bölschestraße) gibt es ähnliche, noch nicht konkretisierte Überlegungen. Sind aber die ersten Parkscheinautomaten installiert, dürften die nächsten nicht lange auf sich warten lassen. Man denke auch über die Einbindung der Prenzlauer Allee und der Greifswalder Straße in das Konzept der Parkraumbewirtschaftung nach, berichtet Dorothee Dubrau (Bündnis 90 /Grüne), Baustadträtin von Prenzlauer Berg.

Obwohl die Bezirke nur ungern über die finanzielle Seite der Bewirtschaftung reden, gehen sie von erheblichen Einnahmen aus. Steglitz beispielsweise sollen die 2946 gebührenpflichtige Parkplätze im Gebiet rund um die Schloßstraße jährlich brutto 4,4 Millionen Mark einbringen, von denen netto rund zwei Millionen Mark übrig bleiben - gemessen an den Ist-Zahlen des Pilotprojekts in der City eine sehr optimistische Rechnung. "Ich interpretiere die Zahlen eher nach unten", meint der zuständige Dezernent Udo Bensel (B 90 / Grüne). Wichtig sei, dass für Steglitz kein Minus herauskomme. Bensel hofft vor allem auf einen anderen Effekt. "Die fünf Parkhäuser an der Schloßstraße sind immer leer." Sobald auch das Parken an der Straße kostenpflichtig ist, könnten sich die Parkhäuser füllen.

Wie wenig Platz zum Parken vor allem in der Innenstadt ist, zeigt eine Untersuchung des Tiefbauamtes Schöneberg in einem Teil von Friedenau. Dort gab es für 5000 angemeldete Fahrzeuge nur 4000 Plätze. So werden die gebührenpflichten Parkzonen wohl weiterwachsen. Wer in ihnen parkt, ohne einen Schein zu ziehen, müsse ohnehin ab 20 Mark aufwärts zahlen. Diese Erfahrung machten in diesem Jahr einige hunderttausend Autofahrer, denn 1999 schrieben die Polizeiangestellten, die die Parkzonen bewachen, über 635 000 Anzeigen. Rund 90 Prozent aller Gebührenparker werfen aber brav ihre Markstücke in den Parkautomaten.

Klaus Wieking

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