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1,2 Milliarden Zigaretten hatten Schmuggler in Berlin unversteuert eingeführt.

© dpa

Schmuggel: Neun Jahre Haft für 1,2 Milliarden Zigaretten

Ein 42-jähriger Kaufmann hat Steuern in Höhe von 37 Millionen Euro hinterzogen – mit Hilfe einer gut organisierten Bande. Die EU-Länder ermittelten gemeinsam.

Die Größenordnung des Zigarettenschmuggels hat die Vorstellungskraft der Ermittler gesprengt. 1,2 Milliarden unverzollte Zigaretten verkaufte die Bande um Michael G. in den vergangenen Jahren, überwiegend in England. Der Schaden für die europäischen Finanzämter: 37 Millionen Euro. Der aus Russland stammende 42-jährige Kaufmann G. wurde am Montag zu neun Jahren Gefängnis verurteilt – nur knapp unter der Höchststrafe, die bei zehn Jahren liegt. Allein G. soll innerhalb von vier Jahren rund zehn Millionen US-Dollar gescheffelt und luxuriös in Berlin-Grunewald gelebt haben. Nach Angaben von Wolfgang Schmitz vom Zollkriminalamt war es das bislang größte Ermittlungsverfahren beim deutschen Zoll.

Die Bande habe „professionell abgeschottet und hoch gewaltbereit“ agiert. Zur Größenordnung des Falls sagte Schmitz, dass der deutsche Zoll im gesamten Jahr 2011 etwa 160 Millionen Zigaretten sichergestellt habe. Und alleine die Bande um G. habe ein Vielfaches davon verkauft. Die Dunkelziffer sei folglich immens hoch. Die von Berlin aus geführten Ermittlungen wurden koordiniert durch die europäische Betrugsbekämpfungsbehörde „Olaf“. Nur durch die Zusammenarbeit von zwölf Ländern sei es gelungen, die Bande zu zerschlagen, sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft, Andreas Behm. Nach mehr als einjährigem Prozess um hinterzogene Steuern hatte Michael G. ein spätes Geständnis abgelegt.

Das Landgericht sprach ihn des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels von unverzollten Zigaretten sowie der Steuerhinterziehung schuldig. „Es war ein fast perfekt ausgeklügeltes System“, sagte die Vorsitzende Richterin. G. sei einer von vier Chefs der Bande gewesen, die in Polen eine illegale Fabrik betrieben hat. G. kaufte außerhalb der Europäischen Union sogenannten Rauchtabak an – der Feinschnitt ist hoch besteuert. Doch die Bande deklarierte ihn als Rohtabak um, der angeblich über Odessa nach Armenien gehen sollte. Die Schmuggelfuhren gingen nach Litauen, von dort nach Polen. In der Nähe von Warschau wurde umgeladen: Der Feinschnitt kam zur illegalen Produktion in die Werkshalle, Pflanzenabfälle auf den Kompost.

Die Fahnder blieben der Bande jahrelang auf der Spur. Am 2. März 2011 wurde die Fabrik in Polen entdeckt. „Jede Woche hinterzog diese Fabrik sechs Millionen Euro Steuern“, sagte „Olaf“-Direktor Nicholas Ilett. Es kam zu Verhaftungen. 21 illegale Schmuggeltouren mit je 23 bis 69 Tonnen konnte man Michael G. nachweisen. „Insgesamt waren es 910 Tonnen Rauchtabak“, heißt es im Urteil. Die Bande hinterzog insgesamt 35,5 Millionen Euro Einfuhrsteuern in Litauen und 1,8 Millionen Euro Tabaksteuern in Deutschland. Michael G. sitzt seit fast zwei Jahren in Untersuchungshaft. Aus Sicht der Ermittler war er „die Seele des Geschäfts“.

Ein Komplize wurde bereits zu vier Jahren und neun Jahren Haft verurteilt, drei weitere Bandenmitglieder kommen demnächst vor Gericht. Die Behörden hoffen nun, knapp zwei Millionen Euro von G. wieder einzutreiben. Seine vier Eigentumswohnungen sollen zugunsten der Staatskasse versteigert werden, ebenso teure Armbanduhren im Wert von 10000 bis 80000 Euro, Schmuck und Autos.

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