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Berlin: Schnalzen und schnipsen

Die Verbotsschilder sind eindeutig: „Während der Punktspiele herrscht für die Zuschauer Rauchverbot.“ Was den Zuschauern versagt bleibt, gilt für die Spieler aber nicht.

Die Verbotsschilder sind eindeutig: „Während der Punktspiele herrscht für die Zuschauer Rauchverbot.“ Was den Zuschauern versagt bleibt, gilt für die Spieler aber nicht. Einige rauchen genüsslich. Zumindest zwischen den Stößen, zur Entspannng. Denn die ist wichtig. Genauso wie die Konzentration. Pool-Billard kennt man so eigentlich nicht. Man verbindet es eher mit verrauchten Sälen und einem Bier in der Hand. „Wir verstehen uns aber nicht als Kneipensport“, sagt Frank Priebe vom Billardverein PBV Rotes Tuch, „unser Hobby ist nicht Trinken, sondern Billard“. Der Tabellenführer aus Schöneberg spielt gegen den Zweiten aus Geldern. Es geht um den Wiederaufstieg in die erste Bundesliga.

Etwa 60 Zuschauer sind da. Sie verteilen sich auf zwei Räume, in denen zeitgleich zwei Partien gespielt werden. Einige sitzen aber auch vor dem dreistöckigen Gebäude, das auf einem alten Bahngelände in der Attilastraße steht, und warten mit einem Bier in der Hand auf die Grillwurst, die noch auf dem Rost liegt. Wenn es das Wetter erlaubt, wird bei Rotes Tuch immer gegrillt. Die Stimmung ist locker. In den Spielräumen dagegen herrscht höchste Konzentration und fast absolute Ruhe. Die Zuschauer flüstern ab und zu. Bei gelungenen Stößen wird nicht geklatscht, sondern geschnipst. Oder mit der Zunge geschnalzt. Aber nicht einfach, sondern ein kurzer Doppelschnalzer. Über die Spiele wacht ein Schiedsrichter, der an der Stirnseite des Tisches mit nach hinten verschränkten Armen steht und ansonsten die Kugeln akribisch genau für den Anstoß aufbaut. Das dauert schon mal ein paar Minuten. Aber alles muss korrekt sein. Auch wenn es in der Zweiten Bundesliga nur Freizeitsport ist. Denn Geld ist eigentlich nicht zu verdienen. Der Verein wird aber immerhin von zwei Sponsoren unterstützt. Das Problem ist eher der Nachwuchs. „Es ist schwer, die Jugend heute für diesen Sport zu interessieren“, sagt Priebe. Obwohl man eigentlich überall spielen kann. In den meisten Jugendklubs steht auch ein Tisch. Daher plant der etwa 50-Mitglieder-Verein Benefiz-Tuniere und will versuchen, ins Guinness-Buch für Dauerbillardspielen zu kommen. Außerdem bietet Rotes Tuch bereits Billard-AGs für Schulen an. Die Methode scheint Erfolg zu haben: Die Jugendmannschaft ist immerhin Berliner Meister.

Auch die Herren-Mannschaft hat es am Sonnabend schließlich geschafft. Mit einem 5:3 Sieg steht sie als Aufsteiger fest. Es darf geschnalzt und geschnipst weden. Jörg Petrasch

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