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Berlin: Schnell gewachsen

Die Biotechbranche gilt in Berlin als Zukunftsfeld: 176 Unternehmen gibt es, und die Nachfrage steigt

Wenn Andreas Mätzold wissen will, wie es um die Berliner Biotechnologie bestellt ist, zählt er die leeren Labore. Sehr viele sind es im Moment nicht, der größte Berliner Biotechpark in Buch im Nordosten der Stadt ist zu 86 Prozent ausgelastet. „Seit 1995 gibt es einen gewissen Boom“, sagt Mätzold, der Manager der Betreibergesellschaft BBB. Er hat schon andere Zeiten erlebt. Erst war im Boomjahr 2000 alles ausgebucht, dann wurde der Park um 8000 Quadratmeter erweitert. Doch als der Neubau 2003 fertig war, wollte niemand mehr einziehen, weil die Branche in der Krise war. „Es war erschreckend“, sagt Mätzold.

Das hat sich gründlich geändert. Es gibt nicht viele Branchen in Berlin, die so dynamisch wachsen wie die Biotechnologie. Der Senat hat die Biomedizin und Medizintechnik zu einem der Zukunftsfelder der Berliner Wirtschaft erklärt.

„Das Gesamtbild stimmt“, sagt Siegfried Bialojan, Mitautor des jährlichen Biotechnogie-Reports der Unternehmensberatung Ernst & Young. Berlin habe durch die große Zahl wissenschaftlicher Einrichtungen, Kliniken und Universitäten große Standortvorteile.

174 Unternehmen mit gut 3400 Mitarbeitern zählte das Kooperationsbüro Biotop Ende 2006 in der Region. Das sind mehr als in jeder anderen Biotechregion in Deutschland. „Wir sehen seit drei Jahren solides Wachstum“, sagt Biotop-Chef Kai-Uwe Bindseil, der die Region derzeit sogar vor einem Wachstumsschub sieht. „Es gibt eine signifikant gewachsene Nachfrage von Firmen, die sich hier ansiedeln wollen“, sagte er.

Die Biotechszene ist noch relativ jung, es gibt nur wenige börsennotierte Unternehmen wie das 1994 gegründete Jerini in Mitte, wie Epigenomics oder Mologen, die als Leuchttürme herausragen. Die meisten Firmen aber sind klein und stehen noch am Anfang. „Viele Produkte, die diese Firmen entwickeln, sind noch weit weg vom Markt, den meisten Geldgebern ist das Risiko zu hoch“, sagt Bindseil. Aus den Potenzialen der Berliner Wissenschaft könne man noch viel mehr machen, meint er, wenn es gelänge, die Projekte der Wissenschaft so weit zu entwickeln, dass Geldgeber investierten.

Die Biotechnologie ist ein Versprechen auf die Zukunft. Firmen, die selbst Medikamente entwickeln wollen, können sich zwar Hoffnung auf hohe Gewinne machen, aber das Risiko zu scheitern ist groß. Statistisch gesehen schafft nur einer von 10 000 Wirkstoffkandidaten den Weg in die Apotheke. Die Entwicklung dauert mehrere Jahre und ist sehr kapitalintensiv. Viele Firmen beschränken sich daher darauf, der Pharmaindustrie nur zuzuarbeiten.

„Es ist eine gewisse Ernüchterung eingetreten“, sagte BBB-Manager Mätzold. Das zeige sich auch an der gesunkenen Zahl der Ausgründungen. „Gründer haben verstanden, dass der Weg zum Erfolg lang ist und es exorbitante Risiken gibt.“

Jerini scheint es fast geschafft zu haben. Das Unternehmen, das erst im November erfolgreich an die Börse gegangen ist, will im Herbst das erste Medikament zur Zulassung anmelden. Das hat bislang nur ein Biotechunternehmen in Deutschland geschafft.

Maren Peters

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