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Berlin: Schnulzen unterm Sternenhimmel

Seit 1992 spielt Rosenstolz zusammen, zwei Millionen CDs haben sie verkauft, jetzt ihr neuntes Album rausgebracht. Und die Fans reisten aus ganz Deutschland an, um die Präsentation im Planetarium am Insulaner zu erleben

Kim Ehlert ist zehn und Fan von Rosenstolz, seit sie vier ist. Die Texte, die Stimme, alles gefällt ihr an der Musik. Das hat sie von ihrer Mutter Cordelia. Die sagt, Kim sei gar nichts anderes übrig geblieben, als Fan zu werden: „So oft, wie ich die Platten gehört habe.“ Kim und ihre Mutter stehen im Foyer des Planetariums, mit Block und Stift, und schauen hin zu Anna Err und Peter Plate.

Die beiden sind Rosenstolz, das Berliner Popduo. Seit 1992 machen sie Musik zusammen. Zwei Millionen CDs haben sie verkauft. Am Dienstagabend präsentierten sie im Planetarium am Insulaner ihr neuntes Album „Herz“ – vor ausgewähltem Publikum und unterm künstlichen Sternenhimmel.

Jetzt, kurz bevor es los geht, will Kim endlich ein Autogramm von den beiden. Doch sie traut sich nicht so richtig, sich zwischen den Reportern mit den großen Kameras vorbeizuschieben. „Du musst schnell sein“, sagt ihre Mutter. Dann traut sich Kim doch, und plötzlich steht sie zwischen Anna und Peter, die Kameras klicken und Kim hat nicht nur zwei Autogramme, sondern auch eine Menge Fotos. Nach einer Minute ist alles vorbei, Kim hüpft und juchzt. Sie war nicht die einzige, die Rosenstolz am Dienstag glücklich gemacht hat. Ganz viele Fans kamen ganz nah ran an ihre Stars, und nahe ging ihnen auch die neue CD: Zurückgelehnt saßen sie in ihren Stühlen, über ihre Köpfe zogen Sternschnuppen, Planeten und Galaxien hinweg, und aus dem Dunkel erklang Anna Errs Stimme, die von Liebe sang und Eifersucht und Hass und Hoffnung. Anders hört sich das neue Album des Duos an, sehnsüchtiger irgendwie und noch emotionaler. Nicht- Fans würden solche Musik als kitschig bezeichnen. Peter Plate sagt inmitten seiner Fans: „Auf dieser Platte findet Liebe sehr oft statt.“ Zwölf Songs und nur noch Schnulzen, wo ist die Gesellschaftskritik à la „Was kann ich für eure Welt“ geblieben? Die sei auch noch da, versichert Peter, die ganze Hälfte des Albums beschäftige sich doch mit der Welt. Erst danach werde es richtig intim.

Apropos intim. „Diese Musik ist eine Sucht“, sagt Norbert Stöbel. 41 Jahre älter als Kim ist er, doch auch er ist ein „Hardcore“-Fan So nennt er sich. Seit sechs Jahren schon. Wie das kommt, kann er auch nicht so richtig erklären. „Die müssen einen Nerv bei mir getroffen haben.“ Den aber richtig: Früh morgens hat er sich zu Hause in Bremen in den Zug gesetzt, um rechtzeitig da zu sein. Ob Hamburg, Magdeburg oder Zürich, schon oft ist der Buchhalter seinen Idolen nachgereist. Die Musik passe einfach in jeder Lebenslage, sagt er und streicht sich durch den weißen Bart. Für jedes Alter offenbar auch: Im Foyer trifft der 51-Jährige auf andere Extrem-Fans, die ihn mit Schulterklopfen begrüßen. Alle Altersgruppen sind dabei. „Es ist ein teures Hobby“, sagt Norbert Stöbel lächelnd. Teuer vielleicht. Aber offenbar auch eines, das glücklich macht.

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