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Berlin: Schocktherapie

Morgen startet das 20. Fantasy-Filmfest am Potsdamer Platz. Die Veranstalter versprechen jede Menge Spannung und Horror. Nachwuchsregisseure erweitern das Genre mit Humor und ungewöhnlichen Ideen. Ein Deutscher ist auch dabei

Es gibt Horrorfilme, die vergisst man nie. Da wird der Film selbst zum traumatischen Erlebnis. „Der Weiße Hai“ ist so einer. Mit dem erklären erwachsene Männer noch heute ihre Angst vorm Wasser. Auch der deutsche Regisseur Hans Horn konnte, nachdem er sich den Klassiker von Steven Spielberg angesehen hatte, nicht mehr unbefangen ins Meer steigen. Und trotzdem – oder gerade deswegen – spielt sein Kinodebüt im Wasser.

„Adrift“ wird morgen zum ersten Mal in Berlin gezeigt – zum Auftakt des Fantasy-Filmfests 2006. 70 Filme aus den Bereichen Horror, Thriller, Science Fiction und Fantasy laufen bis zum 16. August im Cinemaxx am Potsdamer Platz. Hans Horn ist schon seit der ersten Ausgabe des Festivals 1987 dabei. Erst als Zuschauer, später mit eigenen Kurzfilmen. Und jetzt, zum 20. Geburtstag des Filmfests, hat er seinen Ozean-Schocker in Spielfilmlänge mitgebracht: In „Adrift“ trifft sich eine Clique an Bord einer Luxusyacht. Nach und nach springen alle ins Meer, wobei niemand daran gedacht hat, die Bootsleiter runterzulassen. Da es keinen Weg wieder zurück auf die Yacht gibt, sind die Protagonisten im Ozean gefangen. Das Ganze wird eine psychische Zerreißprobe für die in Not Geratenen. Und für die Zuschauer, natürlich. Wenn Horns Film beim Publikum ankommt, gewinnt er vielleicht in der neu eingerichteten Kategorie „Fresh Blood“, frisches Blut. Also bester Newcomer. „Die meisten Regisseure experimentieren erst einmal in diesem Genre“, sagt Rainer Stefan, Organisator des Festivals. Eine andere Kategorie heißt „Focus Asia“. Denn gerade die asiatischen Filme glänzen durch ihre Fantasiefreudigkeit. Zum Beispiel der internationale Premierenfilm „Shadowless Sword“ aus Südkorea, der vom Leben einer Schwertkampfmeisterin handelt.

Die Qualität des Horrors ist in diesem Jahr eher ungewöhnlich. So präsentiert der spanische Regisseur Marcelo Piñeyro eine moderne Variante des Genres: „The Method“ zeigt den psychologischen Schlagabtausch auf dem Arbeitsmarkt. Fünf Männer und zwei Frauen, allesamt erfahrene Karrieregeier, kämpfen um einen hochdotierten Managerposten. Auch „Snoop Doggs Hood of Horror“ fällt aus dem Rahmen – der Film ist eine Form von Horror-Mainstream mit animierten Comicsequenzen und viel Witz. US-Rapper Snoop Dogg spielt die Hauptrolle. Gleich mehrere Filme aus den USA sind durch die Terroranschläge am 11. September 2001 inspiriert. „Hole“, „Civic Duty“ und „Right at your Door“ zeigen an die Realität angelehnte Schreckensszenarien. Auch Horror kann eine Form von Verarbeitung sein.

„Was heute ein Horrorfilm ist, lässt sich gar nicht so einfach klassifizieren“, sagt Organisator Rainer Stefan. Die Grenzen seien längst fließend. „Aber wenn ich nachts nicht schlafen kann, war es wohl ein guter Film.“ Und „Adrift“-Regisseur Hans Horn findet, dass sich nicht nur der Horror, sondern auch das Fantasy-Filmfest verändert habe. „Anfangs war das noch eher rebellisch, eine Rebellion gegen andere Festivals.“ Heutzutage seien Horrorfilme gesellschaftsfähig, der Spaß am Gruseln sei weit verbreitet. Für Menschen mit Horrorfilm bedingter Angst vorm Meer hat der Filmemacher übrigens noch einen Tipp: weiterhin schwimmen gehen, das sei die beste Therapie. Aber bitte die Leiter am Boot runterlassen.

Das Festival im Internet:

www.fantasyfilmfest.com

Britta Buchholz

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