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Berlin: Schönbohm will „die Flinte nicht vorzeitig ins Korn werfen“

Brandenburgs CDU-Chef widerspricht Ministerpräsident Platzeck

Potsdam. Schönbohm kontra Platzeck: Im Streit um den Fahrplan für die Länderfusion widersprach der CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm am Donnerstag Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Dieser stellt, wie berichtet, die mit Berlin vereinbarte Volksabstimmung 2006 wegen der ungeklärten Finanzprobleme der Hauptstadt in Frage. Schönbohm erklärte am Donnerstag gegenüber dem Tagesspiegel, es gebe keinen Anlass, jetzt vom Fusions-Fahrplan abzurücken. „Wir sollten die Flinte nicht vorzeitig ins Korn werfen.“ Er bleibe zwar bei seiner schon früher geäußerten Meinung, dass es ohne Bundeshilfen für Berlin kein gemeinsames Land geben werde. Doch müsse man zunächst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes abwarten, mit der Anfang 2005 zu rechnen sei. Sollte sie im Sinne Berlins ausfallen, bleibe immer noch genügend Zeit, die Volksabstimmung vorzubereiten. Unverständnis äußerte auch der Vorsitzender des Fusions-Vereins „Perspektive Berlin-Brandenburg“, der Unternehmer Hartwig Piepenbrock: Platzeck rücke ohne Not vom Zeitplan ab, der auch disziplinierende Wirkung habe, um die Fusion nicht auf den Sankt Nimmerleinstag zu verlegen.

Platzeck rechtfertigte gestern seine Kehrtwende: Gegenüber dem Tagesspiegel sagte er, die Politik sollte so ehrlich sein, Probleme zu benennen. „Der Zeitplan ist gefährdet, ich bezweifle, ob wir 2006 eine Chance haben.“ Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht entscheide, dass es Hilfe für Berlin geben müsse, seien Verhandlungen nötig. Sie könnten langwierig sein. „Ich werde keine Abstimmung vorschlagen, solange die finanziellen Verhältnisse Berlins nicht geklärt sind“, so der Regierungschef wörtlich. Jeder wisse, dass die Brandenburger sonst nicht zustimmen würden. Die Debatte über die Fusion könne erst unbelastet geführt werden, „wenn die Finanzprobleme Berlin geklärt sind“. Er werde eins nicht mehr tun: „um Probleme herum reden“.

Aus den Landtagsfraktionen bekam Platzeck überwiegend Zustimmung: „Der Ministerpräsident spricht aus, was 80 Prozent der Brandenburger denken“, sagte etwa der Landtagsabgeordnete Christoph Schulze. Berlin müsse akzeptieren, so sein SPD-Kollege Ulrich Freese, dass die Märker Angst hätten, bei einer Fusion „für Berlin bluten zu müssen“. Die Fusion sei derzeit in Brandenburg „nicht kommunizierbar“. Rückenstärkung bekam Platzeck auch von CDU-Politikern. So sprach Fraktionschefin Beate Blechinger „von einer richtigen Einschätzung“ des Ministerpräsidenten. Es sei unwahrscheinlich, dass die Berliner ihre Finanzprobleme bis 2006 lösen und die Brandenburger bis dahin für die Fusion gewonnen werden könnten. „Man kann die Bürger nicht so oft abstimmen lassen, bis sie endlich ja sagen.“ Auch PDS-Chef Ralf Christoffers unterstützte Platzeck: „Wer auf 2006 besteht, will die Fusion nicht.“

Einig sind sich Platzeck und Schönbohm darin, dass die praktische Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zügig verbessert werden sollte. „Wenn es Erfolge gibt, wird sich das auf die Stimmung auswirken“, so Platzeck. Schönbohm kündigte an, 2004 bei der Zusammenarbeit der Polizei neue Akzente setzen zu wollen.

Michael Mara

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