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Mit 81 ist die Mutter immer noch die Chefin in der Trattoria.

© Mike Wolff

Schöneberger „Trattoria à Muntagnola“: Wie das Bergmädchen in die Stadtküche kam

Seit 25 Jahren führt Pino Bianco mit seiner Mutter die Schöneberger „Trattoria à Muntagnola“. Auch mit 81 ist la Mamma die unumstrittene Küchenchefin.

Wenn Mamma nicht bis zum Mittag mindestens einmal vorn auf der Fuggerstraße nach dem Rechten gesehen hat, machen sich die Nachbarn Sorgen. Sie ist immerhin schon 81, geht es ihr gut?

Kein Thema, es geht ihr prima hinten in der Küche der Schöneberger „Trattoria à Muntagnola“, wo sie unumstritten die Richtlinien der Küchenpolitik bestimmt. Will der Chef, ihr Sohn Pino Bianco, mal was ausprobieren, dann nutzt er sicherheitshalber die raren Tage, an denen sie nicht da ist. Am heutigen Freitag ist sie aber ganz sicher da, denn das gemütlich ländliche Restaurant feiert sein 25-jähriges Jubiläum, mit Musik, mit sehr viel Essen und Wein und den Stammgästen, von denen sehr viele gleich nebenan in der Straße wohnen. „Es macht mich sehr stolz“, sagt Bianco, „dass ich hier von allen akzeptiert werde.“

1982 hat er nach allerhand Wanderjahren zum ersten Mal in Berlin Halt gemacht, war fasziniert von der Freiheit und den vielfältigen Möglichkeiten, die die damals noch ummauerte Stadt bot. Doch er musste zunächst zurück, um in der Pizzeria der Familie in der süditalienischen Basilikata auszuhelfen. Die Basilikata ist gewissermaßen das Sprunggelenk des Stiefels – und die rustikale Küche eben dieser Gegend brachte er nach Berlin, als er 1988 den Absprung nach Norden schaffte. Längst ist er eine Art inoffizieller Botschafter dieser Region in der Hauptstadt, knüpft Kontakte, betreut Zugereiste, wirbt Touristen.

Der Westen funktioniert wieder

La Mamma, die Küchenchefin, ist auch von Anfang an dabei. Sie hatte das Kochen beim Pizzeriabesitzer, ihrem früh verstorbenen Mann gelernt, und sie entschied sich ganz für Berlin, als Mitte der Neunziger auch ihr jüngerer Sohn Mimmo übersiedelte – er führt seit fast 20 Jahren, nicht weniger erfolgreich, das „Contadino Sotto le Stelle“ in Mitte. Kein Wunder, dass die Gäste sich nie entscheiden können, ob die geniale Auberginen-Caponata hier oder dort am besten schmeckt ... Muntagnola übrigens, das ist der leicht spöttische Beiname „Bergmädchen“ – Mamma war einst aus den Bergen der Basilikata ans Meer gekommen, wo man sie immer so nannte.

Pino Bianco, heute 58 Jahre alt, vermittelt den Eindruck, mit sich im Reinen zu sein. Gelassen sitzt er im Jubiläums-Trubel und freut sich aufs Fest. Gewiss, sagt er, sei nicht immer alles glatt gelaufen, speziell damals, als plötzlich alle Gäste den boomenden Ostteil der City entdeckten. Doch das sei längst Geschichte, der Westen funktioniere wieder. Und nun kann er sich auch vorstellen, was ihm vor 25 Jahren völlig abwegig vorgekommen wäre: in seiner Trattoria alt zu werden. Was La Mamma anbelangt, spricht nichts dagegen. Sie hat noch keine Pläne, den vorzeitigen Ruhestand betreffend.

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