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Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Flüge zwischen 0 Uhr und 6 Uhr in Tegel von 568 auf 615.

©  dpa

Schönefeld und Tegel: Robbie Williams löst in Berlin Fluglärm-Debatte aus

Robbie Williams wollte lieber in Tegel abfliegen als in Schönefeld. Dafür erhielt der Pop-Star eine Genehmigung. Das gab Protest. Jetzt will der Senat die Kriterien für solche Fälle verschärfen.

Die Luftfahrtbehörde des Senats zieht Konsequenzen aus einem ungewöhnlichen Fall: Im vergangenen November war dem Popstar Robbie Williams erlaubt worden, nach 23 Uhr vom Flughafen Tegel zu starten, obwohl sein Privatjet eigentlich in Schönefeld wartete. Das löste innerhalb der Flughafengesellschaft und im lärmgeplagten Bezirk Reinickendorf einige Verwunderung aus. Die Luftfahrtbehörde teilte nun auf Tagesspiegel-Anfrage mit, man überprüfe die Maßstäbe für Genehmigungen. „Dies wird durch verschärfte Anforderungen umgesetzt.“

Schönefeld nicht nur bei Stars unbeliebt

Reinickendorfs Stadtrat Martin Lambert (CDU) hatte sich bei Verkehrssenator Michael Müller (SPD) über die Sondererlaubnis für Williams beschwert, erhielt bis heute aber keine Antwort. „Wir wollen nicht piefig sein, verlangen aber mehr Sensibilität.“ Der Brief ging in Kopie an die Mitglieder der Fluglärmkommission Tegel, die am Donnerstag erneut tagt. „Wir wollen enge Kriterien für Ausnahmegenehmigungen“, sagt der Vorsitzende der Fluglärmkommission, Rainer Teschner-Steinhardt.

Auf Kritik stoßen auch die veränderten Gebühren in Tegel. Für Flüge in den Randzeiten, also zwischen 23 und 0 Uhr sowie zwischen 5 und 6 Uhr, wurden sie deutlich erhöht, am Tag aber gesenkt. Für rund 90 Prozent der Flüge in Tegel gebe es jetzt geringere Gebühren, moniert Stadtrat Lambert. Berlin hat zwei Flughäfen, doch der Flugverkehr konzentriert sich immer stärker auf den Airport in Tegel. Im vergangenen Jahr gab es 168 500 Starts und Landungen in Tegel, knapp drei Prozent mehr als 2012. In Schönefeld gingen die Flugbewegungen um mehr als zehn Prozent auf 57 900 zurück.

Dass Geschäftsleute und Prominente Tegel vorziehen, trotz der Überlastung, ist den Flughafenmanagern bekannt. „Bei vielen ist Tegel beliebter. Wir können das nicht lenken“, sagt Flughafensprecher Ralf Kunkel. Weil es in Tegel kaum Abstellplätze gibt, müssen die Flieger oft leer nach Schönefeld und wieder zurück fliegen, was zusätzliche Umweltbelastungen verursacht.

Zahl der Nachtflüge steigt in Tegel stetig an

Um den Schlaf werden die Tegel-Anrainer hauptsächlich von zwei Postfliegern gebracht, die in den frühen Morgenstunden operieren. Sie brauchen keine Ausnahmegenehmigung, ebenso wenig wie Ambulanz-, Militär-, Polizei- und Regierungsflugzeuge. Hier stieg im vergangenen Jahr die Zahl der Flüge zwischen 0 Uhr und 6 Uhr von 568 auf 615. Wie viele Privatjets die Flughäfen nutzen, weist die Statistik nicht aus. Derzeit sind vor dem Oberverwaltungsgericht ein Dutzend Klagen auf Entschädigungszahlungen oder den Einbau von Schallschutzfenstern anhängig. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung lehnt Forderungen für einen verbesserten Schallschutz in der Regel ab, weil für Tegel nicht die aktuellen Grenzwerte des Lärmschutzgesetzes gelten. Im Juni sollen die ersten Hauptverhandlungen zu den Klagen geführt werden.

2014 wird in Tegel wahrscheinlich die Marke von 20 Millionen Fluggäste überschritten werden. Die Luftfrachtmengen steigen sogar noch stärker an. Im vierten Quartal 2013 wurden an beiden Flughäfen 11 400 Tonnen befördert, ein Zuwachs von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Weil der Start des neuen Flughafens BER sich wohl bis 2016 hinzieht und die Flugbereitschaft der Bundeswehr frühestens 2017 nach Schönefeld umzieht, wird das Thema Fluglärm den Nordberlinern noch einige Jahre erhalten bleiben.

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