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Berlin: Schrecken aller Trickbetrüger

"Er sei nicht ohne Humor", schrieb ein Vorgesetzter in seiner Beurteilung. Man hört bei solchem Satz förmlich ein gewisses Misstrauen gegenüber dem jungen Polizisten Ulrich-Günther Cichonczyk.

"Er sei nicht ohne Humor", schrieb ein Vorgesetzter in seiner Beurteilung. Man hört bei solchem Satz förmlich ein gewisses Misstrauen gegenüber dem jungen Polizisten Ulrich-Günther Cichonczyk. 1960 war das, da stand er noch am Anfang seiner Karriere. 41 Jahre später gibt es keinen Grund mehr für Misstrauen. Fleißig sei er gewesen, habe gern gearbeitet, vor allem gern mit Menschen. Dabei lacht der 60-jährige immer noch sehr viel - auch wenn er nun am Ende seiner Karriere steht. Gestern wurde Deutschlands erster und bisher einziger hauptamtlicher "Ansprechpartner für Seniorensicherheit" in den Ruhestand verabschiedet.

Seit 1994 beriet Cichonczyk beim Landeskriminalamt Menschen über 60 - so die polizeiamtliche Definition von Senioren -, um sie vor Betrügern, Taschendieben und Handtaschenräubern zu bewahren. 30 000 sollen es insgesamt gewesen sein. Und die beriet er nicht nur auf rund 1000 Vorträgen, drückte ihnen echte Ausweise in die Hand, damit sie nicht mehr auf gefälschte Papiere hereinfielen, sondern sprach mit ihnen immer wieder persönlich. Und wiederholte dabei immer wieder seine Warnung: "Lassen Sie niemals - niemals! - einen Fremden in ihre Wohnung, wenn Sie allein sind!"

Für Verbrecher sind alte Menschen eine oft missbrauchte Zielgruppe, gelten sie doch als gebrechlich, leicht zu übertölpeln und vor allem als wohlhabend mit viel Bargeld in der Wohnung. Im Jahr 2000 registrierte die Berliner Polizei rund 1000 Raubüberfällen mit über 60-jährigen Opfern.

Dabei geht es oft um große Summen, die alte Menschen zu Hause horten. Cichonczyk traut der Polizei-Statistik nicht. "Viele alte Menschen zeigen die Tat nicht an oder geben die Schadenssumme viel niedriger an, aus Scham, dass ihnen die Polizei Vorwürfe macht, so viel Geld aufbewahrt zu haben."

Manchmal blieb Cichonczyk das Lachen im Halse stecken. Oft dauert es Jahre, bis ein Prozess beginnt, dann sind viele Zeugen bereits verstorben. "So ein Erlebnis, das in einem ganzen Leben Ersparte zu verlieren, vielleicht sogar körperliche Gewalt gespürt zu haben, nimmt alte Menschen häufig sehr stark mit, dass sie nach wenigen Wochen oder Monaten sterben." Und dann noch die Anwälte! Dem gutmütigen Ex-Kriminalhauptkommissar gräbt sich eine Zornesfalte in das runde, grauumrahmte Gesicht. "Vor Gericht legen die es nur darauf an, die betagten Zeugen so zu verängstigen, dass sie keine brauchbaren Aussagen machen können und die Täter frei ausgehen." Doch diejenigen, die einen Betrüger abwehren konnten, haben ein ganz anderes Selbstbewusstsein. Die gehen auch zur Polizei und erkennen den Täter wieder. "Das sind die wertvollsten Zeugen." Und genau das will Cichonczyk erreichen. Deshalb wird er auch als Senior Senioren weiterberaten - ehrenamtlich.

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