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Mach doch nicht immer so viel Wind. Die ersten Flocken schmelzen auf dem Objektiv zu Wassertropfen, der Baum vorm Tore wankt fototrächtig im Wind. Es ist weniger los als sonst: Unwetterwarnung. Doch bis Mitternacht ist von Sturm kaum was zu spüren. Foto: dpa

© dpa

Berlin: Schüler haben heute sturmfrei

Die Feuerwehr war wegen „Xaver“ im Ausnahmezustand. Und Berlins Weihnachtsmärkte machten dicht.

Die Mutter aus Schöneberg wird ihrem Sohn einen sicheren Weg in die Kindertagesstätte ermöglichen, auch wenn es am Freitag in Berlin stürmen sollte. „Er kommt auf jeden Fall in die Kita, ich muss einfach zur Arbeit“, sagt die 36-Jährige. Andere Eltern haben heute Früh möglicherweise anders entschieden. Denn für den heutigen Freitag ist die Schulpflicht aufgehoben. Eltern können je nach Wetterlage auf dem Schulweg ihres Kindes entscheiden, ob sie Sohn oder Tochter in den Unterricht schicken – oder nicht. Für die Lehrer gibt es aber kein sturmfrei, sie sind laut Bildungsverwaltung verpflichtet, zum Dienst zu erscheinen. In dem Rundschreiben, das am Donnerstag an die Schulen verschickt wurde, steht weiter: „ Im Zweifel geht die Sicherheit vor.“ Die Schulbehörde reagierte präventiv, auch wenn der prognostizierte Megasturm offensichtlich ausblieb.

Auf jeden Fall wird es in den Klassenzimmern, in denen wohl weniger Schüler sitzen werden als sonst, vermutlich einen entspannteren Unterricht geben als üblich. Entspannt war die Lage am Donnerstag, dem Tag der Unwetterwarnung, aber in den Behörden, bei Feuerwehr und Polizei und auch bei den Organisatoren der Weihnachtsmärkte so gar nicht.

Ab 17.17 Uhr war die Berliner Feuerwehr im Ausnahmezustand. Weil ein Dachstuhl an der Strecke einzustürzen und aufs Gleis zu stürzen drohte, sperrte die Deutsche Bahn zwischen Moabit und Jungfernheide für anderthalb Stunden die Strecke und lenkte Fernzüge sowie Regionalbahnen um. Dann gab es einen Alarm in der Fasanenstraße in Charlottenburg-Wilmersdorf: ein 200 Quadratmeter großes Baugerüst drohte umzustürzen. In solchen Fällen werden Luftlöcher in die Planen gerissen, damit diese nicht als Wind- oder Sturmfang dienen. 550 Berufsfeuerwehrleute standen bereit – wenn nötig, könne die Zahl der Einsatzkräfte verdoppelt werden, hieß es. Zudem standen 60 Freiwillige Helfer parat. Auf den Flughäfen war indes weniger los, denn viele Maschinen durften im Sturm erst gar nicht Richtung Berlin starten.

Die Meteorologen verschoben die Zeit der ersten möglichen Orkanböen am späten Abend immer weiter nach hinten. Die Feuerwehr hörte vom Deutschen Wetterdienst zuerst: Böen mit Stärke 9 bis 10 gegen 21, 22 Uhr. Dann hieß es: schwere Gewitter gegen 23 Uhr. Um 22.01 Uhr erhellte der erste Blitz den Himmel über Kreuzberg. Und erstmal auch der letzte. „Jetzt ist laut Meteorologen das Schlimmste durch“, sagte um 22.30 Uhr Feuerwehrsprecher Jens Peter Wilke. Bis 22 Uhr hatte es im Ausnahmezustand 60 wetterbedingte Einsätze vor allem an Gebäuden gegeben, niemand wurde verletzt. Vielleicht auch, weil Berlins Straßen leerer waren als sonst. Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hatte seine Mitarbeiter früher in den Feierabend geschickt. Es war die Ruhe vorm Sturm, der nicht kam.

Umso schlechter war die Stimmung auf dem Alexanderplatz, in den Spaßbuden auf dem Weihnachtsmarkt – wegen der Umsatzverluste. Der Markt hatte wie viele andere schon um 17 Uhr aus Sicherheitsgründen geschlossen. Die Fenster sind mit Brettern verrammelt, Schilder abgehängt. Arnold Bergmann, Betreiber des Weihnachtsmarkts am Alex, hat mit seinen Kollegen riesige Sattelschlepper als Sturmschutz zwischen den Buden auf dem Alex geparkt. Das Wetter könne der Mensch trotz aller Technik eben nicht „meter- und sekundengenau vorhersagen“, sagte ein Feuerwehrsprecher am Abend. „Wer weiß, was passiert wäre, hätte es keine Warnung gegeben.“

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