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Berlin: Schulausfall: Zuviel versprochen: Schule fällt weiter aus

Die große Zahl von dienstunfähigen Lehrern ist offenbar der Hauptgrund für die aktuellen Unterrichtsausfälle. Selbst rein rechnerisch gut ausgestattete Schulen müssen Stunden ausfallen lassen, weil der massenhafte Weggang nicht kompensierbar ist.

Die große Zahl von dienstunfähigen Lehrern ist offenbar der Hauptgrund für die aktuellen Unterrichtsausfälle. Selbst rein rechnerisch gut ausgestattete Schulen müssen Stunden ausfallen lassen, weil der massenhafte Weggang nicht kompensierbar ist. Dies belegen neue Zahlen aus den Bezirken. Die Reserve von 500 Stellen für den Ersatz von "Dauerkranken" reicht bei weitem nicht aus. Landesschulamtsleiter Ludger Pieper rechnet jetzt mit "bis zu 1000" frühzeitig ausscheidenden Lehrern. Die Talsohle ist also noch nicht erreicht. Allerdings war die Lücke absehbar.

Bereits Piepers Vorgänger Wolfgang Schimmang hatte im Juli 1999 vor einem "überproportionalen Anstieg der Pensionsanträge" gewarnt, weil ab 2001 bei vorzeitigem Ruhestand höhere Versorgungsabschläge hingenommen werden müssen als bisher. Hinzu kommt, dass aufgrund des hohen Altersdurchschnitts die Rate der potenziell Dauerkranken steigt.

So ergeben sich verheerende Differenzen zwischen der theoretisch vorhandenen und der verfügbaren Ausstattung. In Wedding etwa summieren sich die vornehmlich wegen Langzeitkranken nicht verfügbaren Stunden auf knapp 1000, sodass die gesamte Reserve, die eigentlich für "normale" Erkrankungen oder Klassenreisen verbleiben müsste, verbraucht ist. So kommt es, dass aus angeblich vorhandenen 103,3 nur 99,7 Prozent Ausstattung werden.

Auch Spandau krebst am Minimum herum. Am Stichtag 22. September fehlten etlichen Grundschulen über 30 Wochenstunden. Im Schnitt bestand die ganze "Reserve" aus acht Wochenstunden pro Schule: Wenn nur ein Lehrer erkrankt, müssen aber schon rund 25 Stunden vertreten werden.

Dass das Landesschulamt aus Schaden nicht klug wird, zeigt die Situation in Neukölln: Hier herrschten schon vergangenes Schuljahr katastrophale Zustände. Doch anstatt aus den Fehlern zu lernen, steht man jetzt vor einer ähnlichen Situation: Wie gestern bereits berichtet, sind hier etwa die Grundschulen dramatisch unterbesetzt.

Die Senatsschulverwaltung wollte die Zahlen gestern nicht kommentieren, sondern erst die "ganze Auswertung abwarten". Ludger Pieper räumt ein, dass das jetzige Prozedere beim Erheben und Auswerten der Daten geändert werden müsse. Ausgerechnet in der "heißen Phase" des Schuljahresbeginns habe man die "vageste Informationslage", die auf Prognosen beruhe.

Die schnellste Auswertung nutzt allerdings wenig, wenn man zu wenig Lehrer an Bord hat. Und genau dies ist der Fall, wenn man den vorliegenden Bezirkslisten folgt, von denen keine die von Schulsenator Klaus Böger (SPD) beschworene 105 prozentige Ausstattung belegt. Dies legt zumindest den Schluss nahe, dass die Schulverwaltung von falschen Zahlen ausgegangen ist.

Inzwischen räumt Bögers Sprecher ein, dass es nicht gelingt, den Ausfall auf ein Prozent zu drücken. Und dies, obwohl die Verwaltung schon jetzt vieles tut, um die Statistiken zu schönen. So gilt etwa in der Oberstufe eine Stunde als "vertreten", wenn ohne Lehrer "mit dem Fachbuch" gearbeitet wird. "Dabei haben wir für unseren Erdkundekurs doch gar kein Fachbuch", ärgert sich die Schülerin Birthe Krüger vom Rückert-Gymnasium, deren im Mutterschutz befindliche Lehrerin gerade von einer chronisch kranken Kollegin "vertreten" wird.

Die Lage dürfte noch schwieriger werden, denn die 500 Stellen für Langzeitkranke waren nur für dies Schuljahr bewilligt. Daran erinnert jetzt in einer Vorlage für den Stellenausschuss die Innenverwaltung, die mit Hinweis auf den Schülerrückgang noch weitere 335 Stellen streichen will. Das nächste Schlachtfeld ist eröffnet. "Der Senat blamiert seinen Schulsenator bis auf die Knochen", schlussfolgern die Bündnisgrünen.

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