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Sekundarschule Graefestraße: Schulchaos in Kreuzberg – die Bauchefs machen Urlaub

Die Schüler der Sekundarschule Graefestraße, in der wegen nicht abgeschlossener Bauarbeiten kein Unterricht möglich ist, ziehen jetzt in ein Ersatzgebäude um. Die zuständige Stadträtin kommt heute aus den Ferien – und auf sie wartet Ärger.

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Im Hof stehen Container voller Spanplatten, Bretter und Schutt, abgesperrt durch Zäune. Im Schulgebäude ist teilweise Rohbauzustand: nacktes Mauerwerk, verhängt durch Planen, die Räume sind leer, keine Wand ist gestrichen und auf allem liegt eine Staubschicht. Kaum nachvollziehbar, dass irgendwer annehmen konnte, hier sei ab Montag dieser Woche Unterricht möglich. Stattdessen kommt der Umzugswagen – die Schüler der neuen Sekundarschule Graefestraße sollen ab Montag in der früheren Carl-Friedrich-Zelter-Oberschule an der Wilhelmstraße unterrichtet werden, wo aber kein Ganztagsbetrieb möglich ist.

Infolge des Planungschaos gerät die Bauabteilung des Bezirks unter Druck. Als Bildungsstadträtin Monika Herrmann (Grüne) gestern von der zuständigen Bauleiterin des Amts erfahren wollte, warum sie die Schule am Freitag freigegeben hatte, erfuhr sie, dass die Beamtin sich gerade in den Urlaub verabschiedet hatte. Ihr Vorgesetzter kam gerade aus dem Urlaub und musste sich erst einarbeiten. Zwei weitere Leitungskräfte sind erkrankt. Baustadträtin Jutta Kalepky (parteilos für die Grünen) wird heute aus dem Urlaub zurück erwartet. Angesichts der vielen Bauvorhaben im Bezirk – allein im Schulbereich 25 – sei es wohl „nicht der beste Zeitpunkt für die vielen Urlaube im Schul- und Baubereich gewesen“, merkte ein Bezirksamtsmitglied an.

Herrmann betonte, sie sei während ihres Urlaubs in Berlin und telefonisch erreichbar gewesen. Niemand habe sie über die drohende Verzögerung des Baus informiert. Der Architekt habe noch am Montag gesagt, dass keine Gefahr bestehe. Herrmann will jetzt prüfen, „ob jemand haftbar zu machen ist“. Schließlich entstünden zusätzliche Kosten durch den Umzug. Zu den offenen Fragen zählt auch, warum die Bauarbeiten nicht wie geplant im April, sondern erst im Juni begonnen haben. Die Rede ist von einer zu späten Ausschreibung, aber auch von „Sonderwünschen seitens der Schule“. Herrmann bedauert, dass sie nicht zwei Wochen vor Ferienende ein Signal bekam, „dann hätten wir alle Schüler anschreiben und den Start im leergeräumten Gebäude der Zelter-Schule planen können“.

Auch Schulleiterin Dagmar Jenssen hatte sich auf Aussagen der Verantwortlichen verlassen. „Der Architekt hatte zugesagt, dass das Gebäude bis zum Ferienende beschulbar ist“, so Jenssen. Als sie sich in der letzten Ferienwoche das Haus angeschaut habe, sei das aber nicht der Fall gewesen. Angesichts der Unfallgefahren habe sie eine Verantwortung abgelehnt und dies dem Bezirksamt als Schulträger mitgeteilt. Auch an Stadträtin Herrmann habe sie eine Mail geschickt. Am ersten Schultag kam dann der Sicherheitsingenieur und empfahl die Schließung.

„Dass der Umbau nicht fertig würde, wussten wir seit dem Baubeginn am 15. Juni“, sagte Jenssen dem Tagesspiegel. „Wir dachten aber, man sei schon weiter.“ Auch in ihre alte Schule sei sie während der Bauphase eingezogen. Das sei kein Problem, wenn zum Beispiel nur noch die Maler im Haus seien. Davon ist man an der Graefestraße aber noch weit entfernt. Sie hoffe, bis zu den Herbstferien sei der Umbau erledigt.

„Es ist eine Ironie der Geschichte, dass wir übergangsweise in die Zelter-Schule umziehen, während die Zelter-Schüler gerade in unser altes Gebäude am Fraenkelufer gezogen sind“, sagte Jenssen. Der pensionierte leitende Schulrat im Bezirk, Gerhard Schmid, sagte gestern, das „Chaos“ sei programmiert gewesen, weil sich der Bezirk zu viel vorgenommen habe. Es sei gar nicht nötig gewesen, dass die praxisorientierte „Stadt als Schule“ aus ihren erst vor drei Jahren renovierten Räumen am Fraenkelufer schon diesen Sommer ausgezogen sei, um in der neuen Sekundarschule an der Graefestraße aufzugehen.

Auch in anderen Bezirken sind nicht alle Umbauarbeiten abgeschlossen; doch in keinem Fall sind die Folgen so dramatisch wie in Kreuzberg. Unklar ist weiterhin, wie viele Lehrer fehlen. Teilentwarnung gab es gestern am Humboldt-Gymnasium in Tegel. Der Leiter teilte den Eltern mit, dass er noch Personal bekommen habe. „Damit können ab sofort in den 9. Klassen der Physikunterricht wieder stattfinden und in Kürze sicher die Lücken in Musik und Ethik geschlossen werden.“

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