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Berlin: Schul(d)frage offen

Wer ist verantwortlich für die Probleme in Berlins Klassenzimmern? Das Abgeordnetenhaus debattiert

Von Sabine Beikler

Lehrer schreiben Brandbriefe, Schüler schlagen zu, Eltern interessieren sich zu wenig für ihre Kinder: Wer ist verantwortlich für die Situation an der Rütli-Schule, der Poelchau- oder der Lemgo-Schule? Was muss Bildungspolitik heutzutage leisten? Das war am Donnerstag Thema der bildungspolitischen Debatte im Abgeordnetenhaus.

Schulsenator Klaus Böger (SPD) plädierte für ein „Bündnis gegen Gewalt und für Toleranz“ mit Schulen, Verbänden oder Sportvereinen. Grünen-Politiker Özcan Mutlu attestierte der Koalition eine „desaströse“ Bildungspolitik, da die Förderung schwacher oder leistungsstarker Schüler aus den Augen verloren worden sei. Statt die frühkindliche Bildung zu stärken, die Qualität der Schulen zu verbessern, die Eltern besser einzubinden oder die Integration von Migrantenkindern zu stärken, habe der Senat die Lehrerarbeitszeit und die Kitagebühren erhöht. Mutlu kritisierte weiterhin die Abschaffung der Lernmittelfreiheit und der Förderklassen für Schüler mit Sprachdefiziten in der ersten oder zweiten Klasse. Eine bessere Vernetzung der mit schwierigen Jugendlichen befassten Stellen forderte CDU-Schulpolitikerin Katrin Schultze- Berndt. Statt den zwölfjährigen Schüler, der kürzlich mit einem Fausthieb eine Lehrerin schwer verletzt hatte, für zehn Tage von der Schule zu suspendieren und ihm „unverhoffte Ferien“ zu verschaffen, hätte man mit ihm pädagogisch arbeiten müssen. Schultze-Berndt forderte zudem mehr Unterstützung der Schulen durch Erzieher und Psychologen, wie es bereits in Finnland Praxis sei.

Sowohl Schultze-Berndt als auch FDPPolitikerin Mieke Senftleben sprachen sich vehement gegen die Einheitsschule aus, wie sie die PDS in ihrem Wahlkampfprogramm fordert. „Schulen müssen mehr eigenverantwortlich arbeiten können, gut finanziert werden und keine festgefahrenen Strukturen aufweisen“, sagte Senftleben. Es gebe zudem kein Modell, das auf alle Schulen gleichermaßen passen würde. Die FDP-Politikerin kritisierte, dass 25 Prozent der eingeschulten Erstklässler keine oder nur bruchstückhafte Deutschkenntnisse hätten.

Böger verteidigte die Berliner Bildungspolitik. Rot-Rot habe wichtige Reformen angestoßen wie zum Beispiel die Einführung des kostenfreien letzten Kitajahres ab Januar 2007. „Der Kindergarten ist die wichtigste Bildungseinrichtung“, sagte Böger. Die Erzieher würden viel Arbeit bei der Sprachförderung leisten, wovor er „großen Respekt“ habe. Er warnte vor einem erzwungenen Zusammenschluss von Haupt- und Realschulen. Schulfusionen sollten nur auf freiwilliger Basis erfolgen – „sonst funktioniert das nicht“.

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