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Berlin: Schule wie in Brandenburg

Die Berliner SPD liebäugelt mit einem zweigliedrigen System nach Vorbild des Nachbarlandes

Die SPD stellt sich darauf ein, dass es nur noch Gymnasien und eine einzige weitere Schulform geben wird, die dann Real-, Gesamt- und Hauptschulen umfasst. „Langfristig läuft es auf ein zweigliedriges System hinaus“, sagte gestern die bildungspolitische SPD-Sprecherin Felicitas Tesch gegenüber dem Tagesspiegel. Eine zwangsweise verordnete Einheitsschule solle es nicht geben.

Damit steht schon ein Konfliktstoff fest, falls es nach den Wahlen im Herbst zu einer Neuauflage der rot-roten Koalition kommen wird. Denn die Linkspartei/PDS will erreichen, dass alle Kinder zehn Jahre zusammen lernen und erst danach getrennte Wege gehen – so wie es in den letzten Jahren der DDR üblich war und in vielen erfolgreichen Pisa-Ländern üblich ist. Dieser Weg soll von Schulen zunächst freiwillig beschritten werden. Aber 2011 soll es laut PDS mit dieser Freiwilligkeit vorbei sein – falls der Senat dann einen Beschluss fasst.

Von dieser Option ist die SPD weit entfernt. Zwar steht in dem Parteitagsbeschluss vom Sonnabend, dass „unsere Kinder länger gemeinsam lernen sollen“. Auch ist davon die Rede, „ein Konzept für eine Gemeinschaftsschule zu entwickeln“. Aber eine Abschaffung der Gymnasien ist damit offenbar nicht gemeint, wie der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit eilig klarstellte, als er auf dem Parteitag beteuerte, er werde „keinen Klassenkampf gegen die Gymnasien zulassen“.

Diese Interpretation des Parteitagsbeschlusses scheint mehrheitsfähig zu sein. Sowohl SPD-Linke wie Tesch als auch der eher dem rechten Flügel zugerechnete Bildungsfachmann Karl-Heinz Nolte stellten gestern klar, „dass kein Gymnasium geschlossen wird“. Wenn die PDS mit dem Thema „Gemeinschaftsschule“ bei ihrer Klientel punkten wolle, solle sie das tun. Das bedeute aber nicht, dass die SPD da mitgehen müsse, meinte Nolte.

Unklar ist bisher, mit welcher Vehemenz nach den Wahlen Modellversuche für Gemeinschaftsschulen vorangetrieben werden sollen. Obwohl seit einem Jahr über derartige Modellversuche gesprochen wird, gibt es noch keine konkreten Vorstellungen, wie und wo so etwas umgesetzt werden könnte. Lediglich von der Charlottenburger Friedensburg-Gesamtschule ist seit längerem bekannt, dass sie gern mit einer Grundschule kooperieren und von dort komplette Klassen übernehmen würde. Zudem sagte gestern Charlottenburgs Volksbildungsstadtrat Reinhard Naumann (SPD), dass es ähnliche Überlegungen in der Pommern-Hauptschule gebe, die jetzt durch die ZDF-Dokumentation bekannt wurde. Offenbar gehört sie zu den vielen Hauptschulen, die ihre Schulform überwinden wollen. Auch Naumann bestätigt, dass es in Berlin jetzt eine „Tendenz zur Zweigliedrigkeit“ gibt.

Zweigliedrige Schulsysteme sind in Deutschland nichts Neues. Sachsen beschränkt sich seit langem auf Gymnasien und eine einzige „Sekundarschule“. Brandenburg folgte diesem Beispiel jüngst, weil der Geburtenrückgang es nicht mehr möglich macht, alle Schulformen parallel anzubieten. Dort heißt die Sekundarschule aber „Oberschule“.

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