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Anmeldung: Abstimmung mit den Füßen

Seit Montag läuft die Anmeldefrist für die neuen Sekundarschulen – und auch für die letzten fünf Realschulen. Erste Eindrücke.

Wie reagieren Berlins Eltern auf die Schulreform? Setzen sie aufs Bewährte, Altbekannte? Stürmen sie die letzten fünf Realschulen der Stadt? Oder geben sie den neuen Sekundarschulen eine Chance? Dies alles zeigt sich nun, denn am Montag begann die Anmeldefrist für den größten Teil der Oberschulen. Bis zum 12. März müssen sich die Familien entscheiden.

Reinhard Schwebke, Leiter der Reinickendorfer Benjamin-Franklin-Realschule, nimmt die Anmeldungen in der Turnhalle entgegen: Wegen einer Asbestsanierung ist die übrige Schule geräumt, alle Schüler werden für einige Wochen in der Wiesengrundschule unterrichtet. „Der Supergau“ sei das – ausgerechnet zum Anmeldebeginn. Er hatte mit vielen Interessenten gerechnet: Seine Schule ist eine der letzten fünf Realschulen, die dieses Jahr nicht Sekundarschule werden. 150 Leute seien beim Tag der offenen Tür gekommen. Bis gestern Mittag hatten zwölf Eltern Anmeldungen eingereicht.

Ähnliche Anmeldezahlen verbuchten zu diesem Zeitpunkt auch die anderen Realschulen. Viele Eltern hätten klar gesagt, dass sie sich bewusst für eine Realschule entschieden hätten, berichtet Gerlind Bast von der Dahlemer Alfred-Wegener- Realschule. Sie legt auch Wert auf die Feststellung, dass es letztmalig ein Probehalbjahr gebe: Wer es nicht bestehe, werde an die Sekundarschule abgegeben, denn Hauptschulen gibt es ja nicht mehr.

Wolfgang Puhlmann, Leiter der Reinickendorfer Gustav-Freytag-Realschule, will die Probezeit allerdings „sanfter“ als früher angehen. „Wir wollen die Kinder fördern und sie nicht mehr zu anderen Schulen abschieben“, hat er sich vorgenommen. Puhlmann ist „optimistisch“, dass sich genügend Schüler bei ihm anmelden werden, denn die Verunsicherung der Eltern angesichts der Reform sei groß und könne den Realschulen zusätzlichen Zuspruch verschaffen. Dennoch begrüßt Puhlmann die Reform: „Es musste sich was verändern in der Schullandschaft“, steht für ihn fest. „Es ist positiv, dass Kinder künftig nicht mehr alsHauptschüler abgestempelt werden können“, findet auch Karl-Heinz Kuhn von der Hermsdorfer Carl-Benz-Realschule.

Verärgert sind die letzten fünf Realschulen allerdings darüber, dass ihr Sonderweg keinen Niederschlag in der großen Beilage fand, die die Bildungsverwaltung vor zwölf Tagen verteilte: Die zwei Zehlendorfer Realschulen tauchen in ihrer jetzigen Form gar nicht auf. Man findet sie nur noch unter ihrem neuen Arbeitstitel als Fusionsschulen, obwohl die Fusion erst 2011 stattfindet. Die drei Reinickendorfer Realschulen werden bereits alle als Sekundarschulen aufgelistet.

Die Bildungsverwaltung sieht dies nicht als Irreführung. Vielmehr sei man bestrebt gewesen, die neue Schullandschaft darzustellen und nicht die einmalige Zwischenlösung für 2010/11. Im Übrigen gebe es in der Schulbeilage einen Link zu den Spätstartern. Dass dieser Link bislang nicht funktioniert, sei nicht beabsichtigt – man bemühe sich um eine Lösung.

Aus den Hauptschulen, die aus sich heraus zu Sekundarschulen werden sollen, gab es gestern sehr Unterschiedliches zu hören. An der Reinickendorfer Paul- Löbe-Schule waren mittags bereits 15 Schüler angemeldet worden – doppelt so viel wie sonst am ersten Tag. An der Weißenseer Heinz-Brandt-Schule war es ruhig, allerdings seien beim Tag der offenen Tür viele Interessenten erschienen. Viel Betrieb war an der Hufeland-Schule in Buch: An der ehemaligen Hauptschule hatten sich bereits 20 künftige Siebtklässler angemeldet. Offenbar störten sich die Eltern nicht daran, dass die Schule bisher Hauptschule war. „Die Schule hat einen guten Ruf und außerdem ist Hauptschule Vergangenheit“, hieß es gestern zur Begründung. Das hätten die Eltern begriffen.

Viel Andrang gab es auch bei der Zehlendorfer Max-von–Laue-Sekundarschule (bisher: Realschule) sowie der Merian-Sekundarschule in Köpenick (bisher: Gesamtschule). Ob es einen verstärkten „Run“ auf die Gymnasien geben wird, konnte der Verband der Oberstudiendirektoren gestern noch nicht abschätzen.

Die Anmeldung längst hinter sich haben Schulen mit besonderen Profilen. Über den „stärksten Andrang aller Zeiten“ freute sich die Sophie-Scholl-Gesamtschule in Schöneberg, die jetzt Sekundarschule wird: 671 Anmeldungen, davon fast die Hälfte mit Gymnasialempfehlung.

Ist der große Andrang ein Zeichen dafür, dass Eltern verstärkt auf erfahrene Gesamtschulen setzen, weil die schon wissen, wie man Ganztagsbetreuung organisieren muss, und weil sie Erfahrungen mit einer heterogenen Schülerschaft haben?

Landeselternsprecher André Schindler hält nichts von solchen Verallgemeinerungen. Sicherlich könnten renommierte Gesamtschulen mit einer hohen Nachfrage rechnen. Das habe aber weniger mit ihrem bisherigen Status als Gesamtschule zu tun als vielmehr damit, dass sie seit vielen Jahren erfolgreich arbeiteten. „So etwas spricht sich eben herum.“

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