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Beamten: Teure Loyalität

Seit Brandenburg Lehrer abwirbt, wird in Berlin wieder über das Beamtentum diskutiert. Die Frage, wo hoheitliche Aufgaben beginnen und enden, ist dabei weiterhin schwer zu definieren.

Staatsverächter mit Staubmilbenallergie mögen einen Juckreiz spüren, wenn von Beamten die Rede ist. Andere sehen vergilbte Aktenstapel und Steuerbescheide mit Nachzahlungsaufforderung vor ihrem geistigen Auge. Als Brandenburg kürzlich anfing, Berliner Lehrer mit der Aussicht auf Verbeamtung zu locken, flammte die Diskussion über Für und Wider erneut auf. Grund genug, den Beamten als solchen näher zu betrachten. Zumal es ihn nach Auskunft der Innenverwaltung allein bei Senat und Bezirksämtern rund 70 000-fach gibt. Hinzu kommen tausende in Bundesverwaltungen und ehemals staatlichen Unternehmen: Bundesweit 51 000 sind es noch bei der Post mit ihren 182 000 Mitarbeitern, 40 000 bei der Bahn. Und selbst die Telekom meldet allein für Berlin 1900 Beamte bei 7000 Beschäftigten.

Im Wesentlichen ist das Beamtentum in Grundgesetz und Beamtenstatusgesetz geregelt: Hoheitliche Aufgaben des Staates werden von Beamten erledigt, weil die zu Loyalität verpflichtet sind und nicht streiken dürfen. Während ein Streik im Finanzamt wohl nicht jeden erschüttern würde, mag man bei der Feuerwehr nicht daran denken. Frank Zitka, Sprecher des Deutschen Beamtenbundes (DBB), nennt ein Beispiel für die Notwendigkeit eines funktionierenden Staates: In Griechenland sei wegen eines achtwöchigen Schulstreiks mal ein Abiturjahrgang verloren gegangen – mit jahrelangen Folgen für Unis und Arbeitsmarkt.

Also wieder die Lehrer verbeamten? In Berlin gilt nach einem Senatsbeschluss seit dem Schuljahr 2004/05 ein klares Nein. In den westdeutschen Ländern ist Verbeamtung noch immer eher die Regel, in den ostdeutschen mit ihrer beamtenlosen DDR-Vorgeschichte werden dagegen Pädagogen nach Auskunft des DBB oft nur für besondere Aufgaben verbeamtet, etwa als Schuldirektoren. Die Frage, wo hoheitliche Aufgaben beginnen und enden, ist schwer zu definieren. Der DBB-Sprecher bringt das Beispiel einer Prüfung, deren Erfolg sich stark auf die Biografie eines Abiturienten auswirkt – ein Argument für verbeamtete Lehrkräfte.

Die Knöllchenschreiber vom Ordnungsamt tun zwar ebenfalls Hoheitliches, aber sind keine Beamten, sondern Angestellte; ebenso wie die Bewacher öffentlicher Objekte. Laut Statistikamt sinkt die Zahl der Beamten im Berliner Landesdienst seit elf Jahren. Die meisten gibt es bei der Bildungs- und bei der Innenverwaltung, zu der die Polizei gehört.

Beamte werden nicht unbedingt besser bezahlt als Angestellte und Arbeiter, aber sie haben mehr Netto vom Brutto, da sie keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Daraus folgt ein Hauptargument der Verbeamtungskritiker: Was der Staat jetzt spart, muss er später bei der Pension drauflegen. Die Regelung ergibt sich aus der Logik des Beamtentums: Wer dem Staat zu Loyalität verpflichtet ist, hat besonderen Anspruch auf dessen Fürsorge.

Die Bundes-FDP will eine Beamtennische abschaffen, indem sie das Gerichtsvollzieherwesen privatisieren lässt. Was bisher von Justizbeamten erledigt wird, verspräche dann Wachstumsbeschleunigung für Notare und Anwälte, aber scheitert am Koalitionspartner CDU/CSU. Frank Zitka vom Beamtenbund sagt dazu: „Wenn man Leuten ihr Eigentum wegnimmt, ist das ja wohl kernhoheitlich.“

Als die Zeiten noch übersichtlicher waren, reichte die Kernhoheit in Berlin bis zur Wasserwirtschaft: Bei den Berliner Wasserbetrieben (BWB) war die Beamtenspitze im Jahr 1979. Damals zählten die Vorläufer der heutigen BWB 161 Beamte und versorgungsberechtigte Beamtenwitwen. Die Wasserbeamten waren in leitender Position tätig, doch sie verschwanden im Laufe der 80er Jahre. Bei Post und Bahn wurden zuletzt 1994 Mitarbeiter verbeamtet, bei der Berliner Stadtreinigung ging im selben Jahr der letzte Beamte, ein Jurist.

Die Ursprünge des Beamtentums liegen im alten Ägypten sowie in Rom und dem antiken Griechenland. Fürsten und Preußenkönige entwickelten den Gedanken des loyalen und daher versorgten Staatsbediensteten weiter. Dieses Grundprinzip ist geblieben.

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