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Berliner Schul-Lotto: Jeder dritte Platz an Gymnasien wird verlost

SPD und Linke haben sich auf Zugangskriterien für Gymnasien geeinigt und den Weg für eine Reform der Berliner Schulstruktur frei gemacht. An beliebten Schulen werden 30 Prozent der Plätze verlost. 60 Prozent sollen die Gymnasien selbst auswählen dürfen.

SPD und Linke haben nach „intensiven Gesprächen“ den vorerst letzten Streitpunkt auf dem Weg zur Reform der Berliner Schulstruktur beigelegt: Gymnasien und Sekundarschulen, die mehr Bewerber als Plätze haben, sollen demnach mindestens 60 Prozent der Schüler selbst auswählen können. Mindestens 30 Prozent werden ausgelost. Bis zu zehn Prozent der Plätze sollen Härtefällen vorbehalten sein. Hier werde die Entscheidung jeweils „im Einvernehmen zwischen Schule und Schulamt“ gefällt. Dies teilten die Vorsitzenden der SPD- und der Linksfraktion, Michael Müller und Carola Bluhm, am Mittwochabend mit.

„Mit dieser praktikablen Regelung haben die Schulen besser denn je die Möglichkeit, ein klares Schulprofil zu entwickeln und die dafür geeigneten Schüler auszuwählen“, sagte Müller. Gleichzeitig werde man mit dem Losverfahren dem Elternwillen gerecht und schaffe mehr Chancengerechtigkeit. Die Linke sieht „gute Chancen dafür, dass wir damit künftig mehr Schüler als bisher zum Abitur führen können“. Ihr sei wichtig gewesen, eine Regelung zu finden, „bei der Bildungserfolg und soziale Herkunft entkoppelt werden,“ betonte Bluhm.

Um feststellen zu können, ob diese beiden Ziele auch erreicht werden, soll es eine wissenschaftliche Begleitung geben, kündigte der bildungspolitische Sprecher der Linken, Steffen Zillich, gegenüber dem Tagesspiegel an. Zudem habe man sich darauf verständigt, dass Schulen mit einem hohen Anteil von Kindern aus armen Familien zusätzliche Sachmittel erhalten. Dies soll für die Sekundarschulen gelten, möglicherweise aber auch für Gymnasien, so Zillich.

Die gestern erzielte Einigung fließt jetzt ein in den Antrag auf „Weiterentwicklung der Berliner Schulstruktur“, der am heutigen Donnerstag ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden soll. Geplant ist, dass die Bildungsverwaltung auf dieser Grundlage einen Gesetzentwurf verfasst, der möglichst im Herbst verabschiedet werden soll. Andernfalls wäre es nicht mehr möglich, bereits 2010 mit der Verschmelzung von Haupt-, Real- und Gesamtschulen zu Sekundarschulen zu beginnen.

Wie berichtet, hatte die SPD-Fraktion am Dienstag einen bereits mit dem Koalitionspartner abgestimmten Kompromiss verworfen. Nach dem Willen der Sozialdemokraten sollten nicht 50, sondern nur 25 Prozent der Plätze an begehrten Schulen verlost werden. Die Linkspartei hatte die hohe Losquote aber im Einvernehmen mit Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) gefordert, um die soziale Mischung an den beliebten und sozial meist sehr homogenen Schulen zu verstärken.

Mieke Senftleben von der FDP-Fraktion nannte die Einigung einen „faulen Kompromiss“. Sascha Steuer (CDU) befürchtet, dass durch das Losverfahren „bildungsschwächere Schüler“ Zugang zum Gymnasium erhalten, ohne dass es dort entsprechende Fördermöglichkeiten gebe. Massive Kritik am geplanten Probejahr kam von der GEW und den Bündnisgrünen. Dieses Instrument degradiert die Sekundarschule zum „Auffangbecken“, meinte der Grünen-Bildungspolitiker Özcan Mutlu. Damit verspiele die Koalition eine angekündigte Gleichwertigkeit der Bildungsgänge.

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