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Im Schatten der Hochhäuser entsteht ein neuer Campus.

© ddp

Bildungscampus Efeuweg: Ein Campus Rütli für die Gropiusstadt

Im Schatten der Hochhäuser entsteht ein neuer Bildungsverbund. Die Verbesserung der Schulen soll Familien im Kiez halten. Das erfolgreiche Vorbild für die anstehenden Veränderungen: Campus Rütli.

„Es gab Zeiten, da grüßten wir uns noch nicht einmal auf unserem gemeinsamen Parkplatz.“ Sybille Albrecht muss beinahe lachen, als sie diese Anekdote aus dem Vorleben der beiden Schulen erzählt, die jetzt zum Herzstück des neuen „Campus Efeuweg“ gehören.

Sybille Albrecht leitet die Walt-Disney-Grundschule, die zum nächsten Schuljahr mit der benachbarten Liebig-Sekundarschule zur 23. Berliner Gemeinschaftsschule fusioniert. Auf dem Parkplatz, den sich früher die beiden Schulen teilten, steht seit zwei Jahren ein modernes Mensagebäude, in dem am Montag die Pläne für einen großen Bildungsverbund nach dem Vorbild des Campus Rütli vorgestellt wurden.

Diesmal geht es aber nicht um Nordneukölln, sondern um die Gropiusstadt: Zwischen den Hochhäusern der Fritz-Erler-Allee und den Einfamilienhäusern, die den Efeuweg säumen, liegt ein Areal, das aus der Schmuddelecke herausgeholt werden soll. „Es muss hier eine Veränderung geben“, begründete Bildungsstadträtin Franziska Giffey (SPD) die Entscheidung des Bezirks, sich auf diesen Ort zu konzentrieren. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Sorge, dass bildungsinteressierte Menschen die Gropiusstadt verlassen, wenn sie keine adäquaten schulischen Angebote vorfinden.

Eine einzige Zahl zeigt das ganze Dilemma: Die Liebig-Schule hat für drei siebte Klassen, die im Sommer eröffnet werden sollen, nur 23 Anmeldungen. „Die Situation stellt uns nicht zufrieden“, machte Giffey klar. Auch die benachbarte Walt-Disney-Grundschule ist in den ersten Klassen nicht gut nachgefragt. Das soll jetzt anders werden.

Die Chancen stehen nicht schlecht, denn der Bezirk kann auf einem guten Fundament aufbauen. Dazu gehört zum einen die fünfjährige Erfahrung mit dem Campus Rütli. Zum anderen gibt es in der Gropiusstadt auf Initiative der Wohnungsbaugesellschaft Degewo seit fünf Jahren einen Bildungsverbund, der Schulen, Kitas und Jugendeinrichtungen miteinander verbindet. Zudem gibt es eine Zusammenarbeit mit der TU Berlin und der Bauhaus-Universität Weimar, die das Forschungsvorhaben „Modelle für eine neue Gropiusstadt“ vorantreiben.

Die Degewo hat ein Interesse daran, dass es in der Gropiusstadt vorangeht, wo sie 4500 Wohnungen besitzt. Vorstandsmitglied Frank Bielka kündigte an, dass „Gropius’ Handschrift“ wieder besser zu erkennen sein soll, wenn in den nächsten Jahren alle Wohnungen saniert sein werden. Rund 100 Millionen Euro sollen bis 2016 fließen, um die ersten 2500 Wohnungen energetisch auf den neuesten Stand zu bringen. Die ersten Wohnungen seien saniert und würden „lebhaft nachgefragt“, berichtete Bielka. Damit diese Tendenz erhalten bleibt, müssen aber gute Schulen her – das weiß auch Bielka. Weshalb die Degewo sich an der Finanzierung des Campus Efeuweg beteiligt, indem sie den Koordinator und ehemaligen Senatssprecher Eduard Heußen mitfinanziert. Weitere Mittel kommen vom Quartiersmanagement und vom Bezirksamt.

Das ist aber noch nicht alles. Der größte Trumpf, den der Bezirk in der Hand hält, ist die Lise-Meitner-Schule: Dieses Oberstufenzentrum für die Bereiche Chemie, Physik und Biologie gilt als eine der angesehensten beruflichen Schulen der Stadt und erhält jetzt knapp 47 Millionen Euro für einen Neubau in der Nähe der neuen Gemeinschaftsschule. Dies erleichtert die Kooperation und ermöglicht es auch den interessierten Gemeinschaftschülern, im geplanten „Schülerforschungszentrum“ der Lise-Meitner-Schule mitzuwirken und sich etwa auf „Jugend forscht“ vorzubereiten. Zudem hat die Kooperation den Vorteil, dass leistungsstarke Schüler nach der zehnten Klasse direkt in die gymnasiale Oberstufe der Meitner-Schule wechseln und dort ihr Abitur ablegen können.

Damit die Familien erst gar nicht auf die Idee kommen, zum Schulbeginn den Kiez zu verlassen, gehört zum Verbund am Efeuweg auch eine Kita: „Falls es gelingt, enge Verbindungen zwischen der Evangelischen Kindertagesstätte Dreieinigkeit und der Disney-Schule herzustellen, wächst die Chance, die Kinder im Kiez zu halten“, lautet die Hoffnung.

Dass die Campus-Mitglieder einen langen Atem brauchen, ist klar: So muss die Sporthalle, die auf dem Gelände liegt, noch viele Jahre von der Clay-Schule mitgenutzt werden. Schneller geht es mit dem Kombibad Gropiusstadt: Die Sanierung sei bald abgeschlossen, kündigte Giffey an. Es steht dann wieder für den Schwimmunterricht zur Verfügung.

Was für den neuen Campus spricht, ist die parteiübergreifende Unterstützung: Stadträtin Giffey bekam für ihre Vorlagen zur Bildung der neuen Gemeinschaftsschule und zur Umsetzung des Campus Efeuweg jeweils einstimmige Beschlüsse: Von den Piraten bis zur CDU scherte niemand aus. Auch die Senatsverwaltung ist mit im Boot und hat inzwischen dafür gesorgt, dass personelle Engpässe an der Liebig-Schule behoben wurden. Viel zu lange sei die Schule sich selbst überlassen worden, wurde am Rande der Auftaktveranstaltung am Montag kritisiert, was mit dem chaotischen Personalwechseln in der Schulaufsicht zu tun gehabt habe. Aber auch das scheint jetzt erst mal überstanden zu sein.

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