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Jürgen Zöllner.

© Kitty Kleist-Heinrich

Bildungspolitik: Schülerdatei ist noch immer nicht im Netz

Auch zum nächsten Schuljahr ist die Schülerdatei, mit deren Hilfe der Lehrerbedarf berlinweit besser planbar sein soll, nicht einsetzbar. Das Projekt kommt nur langsam voran.

Anders als noch Ende August angekündigt, würden die gesammelten Daten für die Schuljahresplanung zwar „helfen“, so Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD). Online werde die Datei aber noch immer nicht zentral abrufbar sein. Er gehe davon aus, dass dies erst im Lauf des Schuljahres der Fall sein werde, sagte Zöllner.

Ursprünglich war geplant, die Schülerdatei schon 2009 nutzen zu können. Zwar sei das Einsammeln der Daten aus allen Schulen per Hand letzten August „zufriedenstellend“ verlaufen, heißt es nun aus der Senatsbildungsverwaltung. Die Online-Übermittlung der Daten aus den rund 800 Schulen an eine zentrale Stelle in der Verwaltung werde jedoch noch vorbereitet. „Das bedeutet, der Lehrerbedarf muss wieder Pi mal Daumen gerechnet werden“, sagt die bildungspolitische Sprecherin der FDP, Mieke Senftleben. „Es werden wieder Lehrer fehlen. Man kann sich über Herrn Zöllner nur noch wundern.“

Die Schülerdatei, die im Vorfeld lange und hitzig diskutiert wurde, soll 16 Informationen zu jedem Schüler beinhalten. Abgefragt werden sollen neben Name, Anschrift und Angaben zu den Erziehungsberechtigten auch Daten zu auffälligem Schwänzen, nicht-deutscher Herkunftssprache oder zu Lernmittelbefreiung aus sozialen Gründen. Die Daten will man verschlüsselt übertragen, um Datensicherheit zu gewährleisten.

Mit der Datei will der Senator unter anderem das Problem tausender Doppelanmeldungen pro Jahr besser in den Griff bekommen. Die sozialen Angaben sind wichtig, weil den Schulen mehr Personal zusteht, wenn sie nachweisen können, dass sie viele Kinder aus Zuwanderer- oder sozial bedürftigen Familien aufnehmen. Das Register soll auch verhindern, dass einzelne Eltern ihre Kinder gar nicht anmelden und so die Schulpflicht umgehen.

Im Hinblick aufs Schwänzen ist die geplante Zusammenarbeit mit Polizei und Justiz noch immer nicht in Angriff genommen. Bereits vor einem Jahr hatte es geheißen, eine entsprechende Koordinierungsstelle in der Verwaltung werde besetzt, um Kooperationen zu testen. Dies werde erst noch aufgenommen, heißt es jetzt. Man wolle zunächst mit „Fallbeispielen“ arbeiten, um Praxiserfahrung zu sammeln. Erste Ergebnisse sollen Mitte 2011 vorliegen.

„Die Datei wurde mit großem Tamtam angekündigt“, sagt der grüne Bildungsexperte Özcan Mutlu. Seither sei viel Zeit vergangen. Er gehe davon aus, dass mit der Datei weder das Schwänzerproblem gelöst noch der Unterrichtsausfall bekämpft werden könne. Demgegenüber hält Staatssekretärin Zinke weiterhin daran fest, die Schülerdatei als „führendes System“ für die Lehrerbedarfsplanung aufzubauen. Sie gilt als eines der Schlüsselprojekte der Bildungsverwaltung unter dem Überbegriff: „eGovernment at School“. Dabei will man den Einsatz von Informationstechniken an Schulen fördern und die Zusammenarbeit von Schulen und Verwaltung modernisieren. Die Kosten für „eGovernment at School“ liegen bei rund 23 Millionen Euro, die Schülerdatei kostet etwa eine Million Euro.

Nachdem die Datei schon im Vorfeld stark kritisiert worden war – die Grünen befürchteten den „gläsernen Schüler“, die FDP hielt Teile der Daten für stigmatisierend – war sie unter Bildungsexperten zuletzt deshalb in die Kritik geraten, weil sie nicht wie angekündigt auf einer einheitlichen Software an den Schulen basiert. Nach Meinung des IT-politischen Sprechers der Grünen Thomas Birk ist ein reibungsloser Datenaustausch zwischen Schulen und Verwaltung damit nicht mehr gewährleistet. Um die Verwaltung zu entbürokratisieren, ist aus Sicht der Grünen „eine einheitliche Schulverwaltungssoftware dringend nötig.“

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