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Schule: Das hätte nicht sein müssen – mit Sicherheit nicht

Die Prüfer haben es nach dem Crash untersucht: Wozu technische Mängel führen können Drei Unfälle, die nach Meinung der Prüfer hätten vermieden werden können – drei Dekra-Protokolle

ABS-AUSFALL UND ANGEFAHRENE REIFEN

Unfallhergang. „Der Pkw VW Polo kam bei einem Überholvorgang auf regennasser Fahrbahn ins Schleudern, geriet auf die Gegenfahrbahn und kollidierte mit einem entgegenkommenden Lkw. Durch herumfliegende Fahrzeugteile der kollidierenden Fahrzeuge wurde ein weiteres Fahrzeug beschädigt.“

Unfallursachen. „Der Dekra-Sachverständige stellte fest: Der Unfall wurde durch abgefahrene Hinterreifen sowie einen Ausfall des ABS-Systems verursacht. Hierdurch geriet das Fahrzeug auf regennasser Fahrbahn ins Schleudern. Die beiden Vorderreifen hatten noch ausreichend Profiltiefen, jedoch hatten beide Hinterreifen Profiltiefen unterhalb der gesetzlichen Mindestgrenze von 1,6 Millimeter. Der linke Hinterreifen hatte 0,9, der rechte Hinterreifen 1,5 Millimeter Profil.

Zusätzlich begünstigt wurde der Unfall durch einen Defekt am ABS-System des Fahrzeugs. Durch ein angeschliffenes Kabel eines ABS-Sensors an der vorderen linken Radbremse, das zum selbstständigen Abschalten der ABS-Anlage geführt hatte, war das ABS zum Unfallzeitpunkt nicht funktionsfähig. Das Abschalten der Anlage wird dem Fahrer durch eine Kontrollleuchte im Blickfeld angezeigt. Die Wirkung der konventionellen Bremsanlage bleibt auch bei ABS-Ausfall erhalten. Bei funktionierendem ABS hätten die Räder des Fahrzeugs beim Bremsen während des Schleudervorgangs nicht blockiert. Dadurch hätte eine zusätzliche Instabilität während des Schleudervorgangs vermieden werden können.“

Bewertung dieses Fallbeispiels. „Bei dem verunglückten Fahrzeug wurde aufgrund von zu geringer Profiltiefe auf regennasser Fahrbahn ein Schleudervorgang ausgelöst, der dann aufgrund eines defekten ABS-Systems vom Fahrer nicht mehr kontrolliert werden konnte. Hierdurch geriet das Fahrzeug in den Gegenverkehr und kollidierte mit dem entgegenkommenden Lkw. Unfallrelevante Mängel wären in einer dem Unfallereignis vorausgehenden Untersuchung des Fahrzeugs im Umfang einer Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO erkennbar gewesen. Bei einer Hauptuntersuchung werden die Profiltiefen der Reifen überprüft, so dass die zu geringen Profiltiefen erkennbar gewesen wären. Die Funktion der ABS-Kontrollleuchte wird ebenfalls kontrolliert, so dass auch der Defekt im ABS-System bei der HU erkannt worden wäre.“

ACHSENMANGEL

Unfallhergang. „Der Pkw VW Polo kam auf einem geraden Teilstück der Autobahn auf trockener Fahrbahn bei Dunkelheit nach rechts von der Fahrbahn ab, überschlug sich und kam an einem Baum zum Stillstand. Die beiden Fahrzeuginsassen wurden leicht verletzt.“

Unfallursachen. „Der Dekra-Sachverständige stellte fest: An dem VW Polo fehlte das komplette linke Hinterrad, inklusive der daran verschraubten Bremstrommel. Auch beim großflächigen Absuchen der Unfallstelle konnte das Rad nicht aufgefunden werden. Bei dem Pkw wird das Hinterrad mit einer Sechskantmutter auf dem Achszapfen befestigt, über die auch das Spiel der Radlager, so genannte Schrägrollenlager, eingestellt wird. Die Sicherung der Sechskantmutter erfolgt über eine darüber befindliche Kronensicherung sowie einen Splint.

Auf dem Achszapfen waren mechanische Beschädigungen und Abtriebspuren vorhanden, die darauf hinwiesen, dass sich die Radnabe schon längere Zeit lose auf dem Achsstummel bewegt hatte. Es befanden sich keine Reste eines Splintes in der dafür vorgesehenen Bohrung. Daher war für die Unfallforscher davon auszugehen, dass bei einer Reparatur die Splintsicherung vergessen wurde, was mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Lösen des linken Hinterrades führte und den Unfall verursachte.“

Bewertung dieses Fallbeispiels. „Bei dem verunglückten Fahrzeug löste sich das linke Hinterrad aufgrund einer fehlenden Sicherung, wodurch das Fahrzeug ins Schleudern geriet und nach rechts von der Fahrbahn abkam.

Der unfallauslösende Mangel wäre bei einer dem Unfallereignis vorausgehenden Untersuchung des Fahrzeugs im Rahmen einer Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO erkennbar gewesen. Bei einer HU wird das Spiel der Radlager überprüft, wodurch eine nicht fachgerecht gesicherte, herausgedrehte Mutter erkennbar gewesen wäre.“

REIFENMANGEL

Unfallhergang. „Bei einem Überholvorgang kam der Pkw Seat Ibiza ins Schleudern. Das Fahrzeug drehte sich auf der Fahrbahn, kam in der weiteren Folge nach rechts von der Fahrbahn ab und kollidierte mit dem Heck mit der Fahrbahnböschung. Anschließend überschlug sich der Pkw und kam auf dem Randstreifen der Fahrbahn auf den Rädern stehend in seine Endlage. Die Insassen im Fondbereich des Fahrzeugs wurden getötet. Die vorne sitzenden Personen wurden schwer verletzt.“

Unfallursachen. „Der Dekra-Sachverständige stellte fest: Der Unfall wurde durch einen Defekt des hinteren linken Reifens verursacht. Zur genauen Klärung der Unfallursache wurde ein Reifengutachten in Auftrag gegeben. Das Reifengutachten ergab als Ursache des Defekts einen Bruch des Wulstkabels am linken Hinterreifen. Hierdurch trat ein plötzlicher Druckverlust ein, der unfallursächlich war. Ursache für den Wulstkabelriss war eine unsachgemäße Reifenmontage. Bei unsachgemäßer Montage eines Reifens kann das Wulstkabel beschädigt werden. Diese Beschädigung führt nach kurzer Laufleistung des Reifens, in den meisten Fällen etwa nach vier bis acht Wochen im Einsatz, zum Defekt.“

Bewertung dieses Fallbeispiels. „Bei dem verunglückten Pkw platzte während eines Überholvorgangs der linke Hinterreifen infolge eines Wulstkabelrisses durch einen Montagefehler. Daraufhin geriet das Fahrzeug in einen instabilen Fahrzustand, kam von der Fahrbahn ab, überschlug sich und kam wieder auf den Rädern stehend in die Endstellung. Der Mangel wäre bei einer Hauptuntersuchung dann erkannt worden, wenn sie kurz vor dem Unfall durchgeführt worden wäre. Dabei wäre viellecht die Reifenbeschädigung erkennbar gewesen. Bei der HU werden äußerliche Beschädigungen festgestellt, die häufig zu einen Reifenausfall führen.“

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