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Schule: Die Profi-Probe

Die Big Band des Arndt-Gymnasiums spielte mit Trompeter Till Brönner

Nur gut 30 Schüler sitzen in der Aula des Arndt-Gymnasiums, doch sie lassen den Boden beben. Mit Schlagzeug, Gitarre und Kontrabass, mit Saxofon, Trompete und Posaune. Die United Big Band des Arndt-Gymnasiums probt, und die ersten Takte von „Sweet Georgia Brown“ erklingen in der Aula in Dahlem. Besser: Sie schallen durch den Raum. So laut, dass das alte Parkett unter den Tönen des Swingklassikers mitschwingt. Plötzlich hebt Till Brönner seinen rechten Arm.

Das Beben verebbt. Der berühmteste Jazztrompeter Deutschlands steht von einem Hocker auf und sagt: „Es sind nur rhythmische Geschichten, die ihr verbessern könnt.“ Brönner wendet sich an Schlagzeuger Halym Kim: „Spiele das Becken aus dem Handgelenk. Hab Spaß daran! Smile!” Lächeln und Freude am Spielen haben – das sind zwei der Dinge, die Brönner den Schülern an diesem Nachmittag vermitteln will. Er zählt: „Eins, zwei, drei, vier.“ Der Boden erzittert wieder, der Workshop ist noch nicht vorbei.

Die Geschichte vom Workshop mit Weltstar beginnt mit einer Niederlage. Die United Big Band hatte sich 2007 für das Finale des Skoda-Jazzpreises in Bingen qualifiziert. Dort reichte es nur zum zweiten Platz: Die Gewinner hatten auf die erlaubte Hilfe eines Profitrompeters zurückgegriffen. Die United Big Band hingegen war komplett mit Schülern angetreten. „Am Ende hat ein halber Punkt gefehlt“, erinnert sich Lehrer und Bandleiter Martin Burggaller. Allerdings währte die Enttäuschung nur kurz. Denn Till Brönner war so begeistert von den Berlinern, dass er sie mit einem Sonderpreis ehrte: zwei Tage proben mit ihm inklusive eines Abschlusskonzerts im RBB-Sendesaal. „Letztlich sind wir mit dem zweiten Platz zufriedener“, sagt Burggaller und lächelt.

Die United Big Band spielt sich jetzt wieder durch „Georgia Brown“. Brönners Füße wippen im Takt. Als Schlagzeuger Kim wieder auf das Becken schlägt, reckt Brönner seinen Daumen nach oben. Kim strahlt über das ganze Gesicht. Brönner lehnt sich noch einmal auf seine Trompete, die er auf dem Oberschenkel abstützt. Dann fährt er sich mit der Zunge über die Lippen, nimmt die Trompete hoch und startet sein Solo. Der Star swingt mit der Schülerband.

Seit 14 Jahren existiert diese Band am Arndt-Gymnasium, das in diesen Tagen seinen 100. Geburtstag feierte. Das „United“ bedeutet, dass die Band mehrere Schulen zusammenbringt. Derzeit besteht die Hälfte der Band aus Schülern des Arndt-Gymnasiums, rund 40 Prozent kommen vom Goethe-Gymnasium, einzelne von anderen Schulen. Die Band ist Burggallers Kind. Zuerst hatten der promovierte Musikdidaktiker und seine Kollegen noch mit Nachwuchssorgen zu kämpfen, dann begannen sie die Musik am Arndt-Gymnasium zu fördern. Die offizielle Bezeichnung der Schule lautet jetzt „humanistisch orientiert mit ästhetisch-musischem Profil“.

„Wir machen das hier schon lange: jedem Kind ein Instrument“, sagt Burggaller. In Schnupperkursen können die Schüler kostenfrei ein halbes Jahr lang auf einem Instrument üben. Finden sie Gefallen daran, werden sie an Musikschulen vermittelt. Das Resultat: Am Arndt-Gymnasium singen drei Chöre, vier Orchester musizieren, und drei Big Bands jazzen.

Die United Big Band geht das nächste Stück an. Diesmal ist Brönner nur Zuhörer, aber ein aufmerksamer. Er stellt sich mal neben die Gitarre, mal zum Schlagzeug, gibt Tipps. Dem Pianisten greift er von hinten in die Tasten, zeigt ihm, wie er selber das Stück spielen würde. Die beiden nicken sich zu. „Es sind zum Schluss die Feinheiten, die ein Konzert interessant machen“, sagt Brönner zu den Schülern. Die kritzeln sich mit Bleistiften Notizen in ihre Noten. Ab und zu diskutieren sie mit Brönner. „Till wird das dann wieder E oder Es gespielt?“, fragt ein Trompeter. Sie einigen sich auf Es.

„Ich inspiriere mich hier selber“, sagt Brönner nach der Probe. Mit wachsendem Erfolg sind immer mehr Seiten des 37-Jährigen interessant geworden, Privates zum Beispiel. Oder seine Meinung über Politik. In der Aula des Arndt-Gymnasiums kann er nur über Musik reden. Und er tut es auf Augenhöhe mit den Schülern. „Ich arbeite seit Jahren als Lehrer, weil ich etwas zurückzugeben will“, sagt der Star. Er weiß, wie wichtig die musikalische Förderung auf einer Schule sein kann: Sein Talent ist in der Big Band seines Bonner Gymnasiums aufgefallen.

Der RBB strahlt das Brönner-Arndt- Konzert zu Neujahr im Inforadio aus.

Martin Gropp

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