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Schule: Ein ballettreifer Kraftklops

Suzukis GSX 1400 ist ein handliches Fünf-Zentner-Stück

Was kommt dabei heraus, wenn man die Gene eines Gewichthebers der Fünfzentnerklasse mit den Erbinformationen eines Ballettprofis der Nurejew-Schule verbindet? Na, vielleicht sowas wie Suzukis GSX 1400: ein Kraftklops, der sich so wendig bewegen lässt wie ein Kinderfahrrad. Und das trotz des fahrfertigen Leergewichts von gut 260 Kilo. Dabei sieht das Fahrzeug auch noch gut aus, wenn man die Optik klassischer Motorräder schätzt: ein Rad vorn, eines hinten, ein Motor dazwischen, eine Sitzbank und einen Tank. Naked bike, muscle bike – wie man will. Jedenfalls gibt es ein kleines Windschild nur als Zubehör. Das ist freilich zu empfehlen, denn ab 150 km/h windet’s mächtig.

Aber setzen wir uns erstmal drauf, im Stand. Die Arme reichen etwas weiter nach vorn hinaus, an den vergleichsweise breiten Lenker. Der Oberkörper beugt sich vor, ein Teil seines Gewichts muss von den Handgelenken aufgenommen werden. Die Fußrasten liegen zwar gar nicht so hoch, aber der Kniewinkel spitzt sich doch sanft zu, denn die Sitzbankhöhe ist mit 790 Millimetern fast schon niedrig – aber im Stillstand müssen die Beine einen festen Halt haben, was denn auch prima klappt. Der Sozius übrigens muss sich noch etwas kräftiger zusammenfalten, seine Fußrasten weichen der nach oben weisenden Vier-in-Zwei-Auspuffanlage aus.

Ein klassisches Motorrad besteht aus einem Stahlrohr-Doppelschleifenrahmen und außenliegenden Federbeinen – letztere sind per Handrad in Federvorspannung und Dämpfung schnell einstellbar. An der massiven Gabel (46 Millimeter Standrohre) sind ebenfalls alle Werte justierbar – hier wurde wirklich nicht gespart. Vermutlich liegt es an der steilen Gabel (Lenkkopfwinkel 26 Grad) und dem eher schlanken Vorderradreifen (120/70-17, hinten: 190/50-17), jedenfalls ist die Handlichkeit gerade bei Fahrten in der Stadt erstaunlich. Und Landstraßenkurven nimmt die GSX fast allein, eine kleine Gewichtsverlagerung reicht praktisch schon aus.

Dies zu dem Rahmen, in dem sich der Motor abspielt. 1400 Kubik bringen Drehmoment satt (126 Newtonmeter bei 5000/min), das bedeutet, dass immer genug Kraft vorhanden ist. Die Leistung von gut 100 PS ist dabei wirklich sekundär, denn sie reicht für 225 km/h, was man mit einer „Nackten“ ohnehin so gut wie nie erreicht.

Der Vierzylinder in Vierventiltechnik ist Öl- und Fahrtwind-gekühlt, falls das nicht genügt, sorgt ein Ventilator für frische Luft. Gefüttert wird der Brocken per elektronischer Einspritzung, die allerdings nicht per Lambdaregelung mit einem Kat gekoppelt ist, eine Sekundärluftzuführung soll angeblich reichen. Der Verbrauch hängt stark von der Fahrweise ab, wer nicht zu sehr am Griff zieht, kommt mit weniger als sechs Litern pro 100 km aus. Der Tank fasst 22 Liter.

Eigentlich wären für so einen elastischen Motor vier Gänge schon zuviel, aber man will ja auch nicht immer in Bereiche über 6000/min, sondern nur mit geringem Einsatz herumschlendern. Für 50 km/h etwa braucht man im vierten Gang gerade einmal 2500/min, kann aber dennoch gut herausbeschleunigen. Tempo 100 im Sechsten sind mit 3200 locker zu machen. Wer dann die vorhandenen Möglichkeiten ausschöpft, bekommt schnell lange Arme und dicke Backen: Durchzug ohne Ende, der zum ruhigen Fahren verleitet. Denn wer weiß, wieviel vorhanden ist, hat es nicht nötig, sich dessen auch stets zu versichern.

Die Bremsen (Sechskolben-Schwimmsattelzangen vorn) sind dieser Kraft gewachsen, auf Wunsch pfeift der Reifen. Davor sind sie gut dosierbar. Auch alles andere ringsum stimmt, die Kupplung wird hydraulisch betätigt, die Hebel sind auf die Fingerlänge einstellbar. Die Spiegel bieten einen breiten Rück-Blick und zum Abstellen gibt’s Haupt- und Seitenständer. Bei MSP in Friedrichshain, die uns die Probefahrtmaschine zur Verfügung stellten, werden für das Kraft-Rad 8999 Euro verlangt, ein Preis, der bei den Leistungen wahrlich nicht zu groß ist . Gideon Heimann

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