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Schule: Ein Roller gibt Wasser-Stoff

Oberpfälzer Tüftler stellt marktreifes Öko-Zweirad vor

Also, was Josef Zeitler auf der Hannovermesse am Niedersachsen-Stand in der Forschungshalle 18 zeigt, sieht aus wie ein herkömmlicher Roller – wäre da nicht der Kasten unter dem Trittbrett. „Metallhydridspeicher“ steht da drauf, und die Flanken des Gefährts tragen die Aufschrift „Hydrogen powered scooter“ sowie „Wasserstoff-Roller“. Aha, Zeitler hat’s geschafft. „Alle Bauteile sind vom TÜV abgenommen, nur die Bauartzulassung für die Serie, die so genannte Homologation, haben wir noch nicht“, bestätigt der Kraftfahrzeugmeister. Drei große Hersteller sind interessiert, in einem halben Jahr könnte die Produktion anlaufen, in der nächsten Saison der Verkauf, sagt er.

Fast 14 Jahre hat er sich in seiner Werkstatt in Speinshart – das liegt in der Oberpfalz, zwischen Bayreuth und Weiden – mit Umbauten auf Wasserstoffbetrieb befasst, hat ein Mofa mit den speziellen Speichertanks ausgestattet, Verdampfer und Steuerungselemente konstruiert, bis alles so lief, wie es sollte. Dann ging er an einen serienmäßigen Peugeot „Speedfight 50“ heran. Dessen Verbrennungsmotor allerdings musste auch einige innere Veränderungen über sich ergehen lassen.

Es ist nämlich ein Zweitakter, und der hat ein konstruktiv bedingtes Problem mit der Schmierung, weil der Kurbelwellenraum für die Vorkompression des Brenngases genutzt wird. Das Öl wird dem Kraftstoff zugegeben oder an bestimmter Stelle hineingespritzt, damit es auf die Zylinder-Laufbahn und an die Pleuellager der Kurbelwelle gelangen kann. Im Betrieb entweicht daher stets etwas unverbranntes Öl durch den Auspuff ins Freie – deshalb zogen Zweitakter früher auch so lange blaue Abgasfahnen hinter sich her. Wer aber auf Umweltschonung Wert legt, darf das nicht dulden.

Nach dem Umbau des Motors besteht der Kolben aus einem speziellen Material, das eigentlich gar keine Schmierung mehr braucht und der Zylinder trägt im Fußbereich einen Kragen. „Hier wird das Öl, das die Lager schmiert, wieder aus der Zuluft für den Verbrennungsraum geholt“, erläutert Zeitler. 2,6 Kilowatt, also rund 3,6 PS entwickelt der Motor auf Wasserstoffbetrieb, das reicht allemal, um die knapp 50 km/h, die innerorts erlaubt sind, zu erreichen. Das Fahrzeug wird sogar für den Soziusbetrieb zugelassen. Der Tank, der aus drei Zellen besteht, fasst 2,6 Kubikmeter Treibstoff, das reicht – je nach Fahrweise – für bis zu 100 Kilometer Distanz.

Nun ist Wasserstoff ein recht gefährliches Gas, wenn es sich mit Luft vermengen kann – das gibt Knallgas, das explodiert, sobald auch nur ein Funken hinzu kommt. Doch im „Metallhydrid“-Speicher, der mit feinporigem Material gefüllt ist, legt sich der Wasserstoff in die Metallgitterstruktur, fügt sich gleichsam in die Atome ein. Ein hoher Speicherdruck wird daher gar nicht erreicht. „Explodieren“ kann der Tank also nicht.

In der Kleinstserie wird der Roller etwa 5600 Euro kosten, falls größere Stückzahlen zu erreichen sind, dürfte der Preis auf 3500 Euro sinken. Aber bis eine großflächige Versorgung aufgebaut sein wird, ist der Kraftstoff ja nur über Händler technischer Gase zu beziehen, oder?

Spätestens an dieser Stelle wird’s richtig teuer. Da gibt es zunächst die Möglichkeit, sich auf eigenem Grundstück ein Tanklager einzurichten. Der Platzbedarf für das Blechhäuschen mit den beiden handelsüblichen Druckspeicherflaschen ist gering, aber um die 3000 Euro muss man rechnen. Die Flaschen gibt’s im Pfandsystem, sie können geliefert werden.

Aber so hochgradig ökologisch ist das nicht, wenn Wasserstoff, aus chemischen Prozessen mit Erdöl gewonnen, per Diesel-Lkw herangeschleppt wird. Wer allerdings die reine Lehre verfolgt und nur aus regenerativen Quellen erzeugten Wasserstoff akzeptiert, auf den kommen derbe Kosten zu. Aber der Markt bietet das an. Auf Zeitlers Messestandplatz steht denn auch ein Elektrolyseapparat, der pro Stunde einen Kubikmeter Wasserstoff herstellt. Um ihn zu betreiben, sind ungefähr 30 Quadratmeter Solarzellenpaneele notwendig, alles zusammen für knapp 100 000 Euro erhältlich. Uff.

„Naja, Sie müssen das im Zusammenhang sehen, der Elektrolyseur würde ja nicht nur fürs Moped laufen, sondern auch für die hauseigene Wärmeversorgung per Brennstoffzelle.“ Zudem gibt es die Möglichkeit für mehrere Interessenten, sich so ein Gerät zu teilen. Aber macht ein solcher Preis die ganze Sache nicht unrealistisch? „Nicht, wenn man längere Zeiträume betrachtet. Als Hugo Junkers seine ersten aus Aluminiumblech gefertigten Flugzeuge vorführte, wurde er ausgelacht, denn das Material war sündhaft teuer. Heute besteht jedes Flugzeug aus Alu.“

Gideon Heimann

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