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Mascha Baer, stolzes Schulkind, 6 Jahre alt.

© Thilo Rückeis

Einschulung am Sonnabend: Nichts lieber als Lernen

Am Sonnabend werden über 30.000 Erstklässler in Berlin eingeschult. Wir haben drei von ihnen besucht.

Mascha aus Mitte setzt auf Insidertipps großer Brüder

Für Mascha ist gerade jeder Tag wie Geburtstag. Morgens wacht sie auf, erinnert sich und dann geht die Freude los: In wenigen Tagen ist Einschulung und dann, endlich, fängt das Schulleben an! Die Sechsjährige mit den blonden Flatterhaaren grinst verschmitzt. Sie kann es kaum noch abwarten. „Schon seit über zwei Wochen denke ich an die Schule“, sagt sie und wirft einen kurzen Blick zur Mama, die bestätigend nickt, mit einem Ausdruck, der sagt: „Es wird auch Zeit.“

Zusammen mit den Freunden aus der Kita, von denen gleich acht mit Mascha in die erste Klasse der Hansa-Grundschule in Mitte gehen werden, drehen sich jetzt schon alle Gespräche um die Schule. Wie wird die Lehrerin sein, wird der Stoff schwierig und vor allem, wer sitzt neben wem?

Zum Glück sind die acht anderen „Hansaspatzen“, wie die Schulkindergruppe in der Kita genannt wurde, allesamt Maschas „beste Freunde“, wie sie sagt. Eine davon, Ida, hat praktischerweise auch schon einen älteren Bruder in der Schule, der ihnen Insidertipps gibt. Mit großen Augen schwärmt Mascha deshalb von den Klassenfahrten, die „man oft in der Schule macht“. Eigentlich, findet die Kleine mit den quietschgelben Leggins, „freue ich mich auf die auch am meisten.“

Bis vor ein paar Tagen machte sich Mascha ein bisschen Sorgen. Wer würde wohl ihre Lehrerin werden? Dann lag ein Brief im Briefkasten. „Für Mascha Baer“ steht in schöner Schreibschrift darauf, der Umschlag ist mit einem glitzernden Sticker dekoriert. Die glückliche Adressatin erklärt: „Der ist von meiner neuen Klassenlehrerin, die ist ganz lieb“, und liest prompt daraus vor, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass sie schon lesen kann.

Dass die Lehrerin sich schon auf Mascha freue, steht im Brief, dass es eine tolle Zeit werde und dass sie zukünftig im Unterricht viele Dinge lernen und erforschen würden. Unten auf der Seite ist ein Foto, das die lächelnde Lehrerin zeigt.

Für die Schulanfängerin allerdings ist die beste Ankündigung des Briefes der Aspekt Erforschen. „Ich will alle Sachen in der Natur entdecken und unbekannte Dinge lernen“, sagt sie und offenbart im gleichen Atemzug – wo wir schon beim Thema Natur sind –, dass sie sich ein Haustier wünscht, am liebsten „einen Hasen, eine Katze, ein Pferd oder ein Pony“.

Lion Moser wird eingeschult.
Lion Moser wird eingeschult.

© Kai-Uwe Heinrich

Lion aus Schöneberg sortiert schon mal den Ranzen

Klug blitzen die Augen hinter der kleinen runden Brille, das Hemd ist schick und im Arm das Wichtigste in diesen Tagen: die Schultüte. Für den fünfjährigen Lion aus Schöneberg verheißt der Beginn der Schulzeit nur Gutes. „Ich freu mich schon ganz doll“, sagt er mit einem Grinsen. In der Schöneberger Sternberg-Grundschule am Rudolph-Wilde- Park wird Lion bald mit anderen Schulanfängern das Klassenzimmer stürmen.

Lesen, schreiben, rechnen lernen – für den zierlichen Jungen klingt das nicht nach Stress. Nein, er scheint es kaum abwarten zu können, sein Wissen zu zeigen. Ganz stolz blickt er unter seinem Käppi hervor und verkündet: „Ich kann ja sogar schon den ersten Satz aus meinem Feuerwehrbuch lesen.“

Dann macht er ein angestrengtes Gesicht, grübelt: „Mist, wie genau der jetzt ging, weiß ich gerade nicht mehr.“ Doch der kurze Moment des Trübsinns wird schnell abgelöst von einem anderen Gedanken, einem viel besseren, denn erneut leuchtet Lions Miene auf: „Dafür kann ich schon alle Namen von meiner Familie schreiben.“

Aufgeregt öffnet der Schüler in spe seine neue Schultasche, die mit vielen Reflektorstreifen, den verstellbaren Schultergurten und der Rückenpolsterung einer Hightech-Multifunktionstasche gleicht. Auf den Tisch stapelt der Junge einen noch verpackten Sportbeutel und ein Federmäppchen – alles im gleichen dunkelblauen Design. Mit geübten Griffen öffnet er das Mäppchen und betrachtet verzückt die akkurat und makellos gereihten Buntstifte, Lineale, Radiergummi und Anspitzer.

Alles Werkzeug wartet, so wie Lion, auf den lang herbeigesehnten Moment. Das erste Mal der Klingel folgen, die scheppernd die Schulstunde einläutet, das erste Mal die Schulbank drücken, und natürlich ganz wichtig: das erste Mal auf die Aufforderung der Lehrerin hören, ja, pssst, ganz leise zu sein.

Lilou Beljajewa.
Lilou Beljajewa.

© Kai-Uwe Heinrich

Lilou aus Prenzlauer Berg kann besser rechnen als Pippi Langstrumpf

Lilou tanzt. Sie dreht sich um sich selbst, lässt das Kleid schwingen und verbeugt sich dann mit einem kleinen Knicks, die Augen strahlen: „Wenn ich groß bin, will ich eine berühmte Ballerina werden!“ Eine Sechsjährige aus Prenzlauer Berg, die weiß, was sie will.

Das Großsein liegt für die zarte Schulanfängerin jedoch noch in weiter Ferne, erst muss in die Schule gegangen werden. Was für ein Zufall, dass die Klasse der Bornholmer Grundschule, in die Lilou kommt, Starenklasse heißt, eigentlich nach der Vogelart. Doch Lilou grinst: „Starenklasse, das steht für Star.“

Mit den Glitzersandalen, dem Fußkettchen aus bunten Perlen und dem schimmernden Haarreif sieht Lilou auch aus wie ein Starlet. Sogar das Posieren vor dem Fotografen scheint virtuos und wie selbstverständlich. Ein Prinzesschen ist sie trotzdem nicht. Auf die Schule freut sie sich zum Beispiel besonders, weil sie dann „richtig Mathe lernen kann“, wie sie sagt.

„Guck, drei plus zwei macht fünf“, sagt sie stolz. „Außerdem“, fügt sie hinzu, „kann ich dann mehr Sprachen lernen.“ Schon in ihrer Kita lernte Lilou Spanisch.

Mit einem feurigen „Hola!“ beweist sie zumindest rudimentäre Kenntnisse. Jetzt in der Grundschule wird ein „Salut“ dazukommen, Lilou lernt dann Französisch. Eigentlich könnte sie auch, dank ihrer Verwandten in Russland, Russisch sprechen, doch das muss sie noch ein bisschen üben. Aufgeregt erzählt sie lieber von all den Dingen, die sie kann.

Zum Beispiel den Jungs vor ihrer Kita, die ihr blöd kommen und sagen, dass Schule blöd sei, Kontra geben: „Ich hab denen einfach gesagt: Nee, ihr lügt bestimmt, Schule wird toll.“

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