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Schule: Für die Reform fehlen die Lehrer

Nur jede zweite Grundschule beteiligt sich an altersgemischtem Schulstart

Die Kleinen lernen von den großen Schülern, die Großen üben sich in Rücksichtnahme und Verantwortung für die Jüngeren. Und wer besonders schnell oder eher langsam lernt, kann flexibler gefördert werden: Das sollen die Vorteile des jahrgangsübergreifenden Lernens in altersgemischten ersten und zweiten Klassen sein. Vom kommenden Unterrichtsjahr an können Berlins Grundschulen dies in der Eingangsstufe freiwillig praktizieren, ab 2008/2009 ist der altersgemischte Schulstart gemäß der Reform des Berliner Schulgesetzes verpflichtend. Doch nach den Sommerferien wollen laut Senatsschulverwaltung nur rund 46 Prozent der 365 Berliner Grundschulen jahrgangsübergreifend unterrichten. Die anderen verschieben die Reform, weil die Voraussetzungen bei ihnen nicht gegeben sind.

Dass der parallele Unterricht von Schülern mit unterschiedlichem Lernniveau und einem Alter zwischen fünfeinhalb und acht Jahren in einem gemeinschaftlichen Raum mehr Lehrer und Erzieher erfordert, hat die Koalition in ihrer 2004 verabschiedeten Schulreform anerkannt. Entsprechendes Personal müsse bis zum Start bereitgestellt werden, heißt es in dem Gesetzestext. Außerdem sollten die Lehrer und Erzieher entsprechend weiterqualifiziert und auch die räumliche Situation verbessert werden.

Tatsächlich jedoch haben etliche Grundschulen nun den Reformstart hinausgeschoben, weil sie noch kein ausreichendes Personal und geeignete Räume haben und es an der Weiterbildung hapert. Wegen Erziehermangels lehnte beispielsweise die Brentano-Schule in Licherfelde-West altersgemischte Gruppen zum jetzigen Zeitpunkt ab.

„Die Umsetzung der Reform gleicht einem Chaos“, kritisierte gestern der schulpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Sascha Steuer, den Senat. Es sei „ein Armutszeugnis“, dass sich mehr als die Hälfte der Grundschulen noch verweigerten. Und von den beteiligten 46 Prozent seien keineswegs alle Schulen mit Überzeugung dabei. Etliche hätten nur den Stichtag versäumt, bis zu dem sie spätestens ihr „Nein“ hätten erklären müssen – und gehörten nun zwangsweise zu den Reformschulen.

Die Schulverwaltung von Bildungssenator Jürgen Zöllner hält die Vorwürfe für „völlig überzogen“. Die Regelausstattung an Personal und Räumen sei erfüllt, sagt Behördensprecher Kenneth Frisse. Lehrer und Erzieher hätten in großer Zahl an Fortbildungsangeboten teilgenommen. „Wir haben aber Verständnis“, sagt Frisse, „wenn sich Schulen im kommenden Unterrichtsjahr weiter vorbereiten wollen und deshalb noch abwarten.“

Um die Vorwürfe nicht einfach abzuschmettern, haben die Koalitionsfraktionen SPD und PDS allerdings kurz vor der derzeitigen Sommerpause noch einen Antrag an den Senat zum jahrgangsübergreifenden Unterricht verabschiedet. Darin wird Senator Zöllner aufgefordert, „die Personal- und Raumsituation an den Schulen erneut zu überprüfen.“ CS

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