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Hans-Fallada-Schule in Neukölln: Förderunterricht für Roma-Kinder

Sie sind freiwillig da, lernen Grundwortschatz und Grammatik, wie Farben und Tiere auf Deutsch heißen. Roma-Kinder absolvieren für drei Wochen einen Förderunterricht in der Hans-Fallada-Schule Neukölln.

Trotz Sommerferien sieht der Kioskbesitzer an der Ecke Treptower Straße/Harzer Straße seit dieser Woche wieder Kinder mit Schultaschen. Zu ihm kommen sie und kaufen für Cent-Beträge Bonbons, erzählt er. Mit den Eltern machen sie bei ihm Kopien und übersetzen von Romanes auf Deutsch. „Diese Kinder wollen lernen“, sagt er.

Da im letzten Jahr vermehrt Roma-Familien aus Rumänien in diese Ecke Neuköllns gezogen sind, bietet die Hans-Fallada-Schule, nur ein paar Schritte weiter, in diesem Juli zum ersten Mal eine Sommerschule speziell für deren Kinder an. Im abgeschlossenen Schuljahr wurden in der Schule 60 Roma-Kinder unterrichtet, für das neue Schuljahr rechnet die Leitung mit 13 Kindern ohne Schulerfahrung und ohne Deutschkenntnisse. „Scoala de vara“ steht auf dem grünen Plakat an der Eingangstür, daneben sind Schmetterlinge und ein Gebäude mit Herz gezeichnet.

Angeboten werden von 9 bis 13 Uhr parallel ein dreiwöchiger Kurs für die Schulanfänger und drei zweiwöchige Kurse für bereits eingeschulte Kinder, die Förderunterricht in Deutsch brauchen. Insgesamt besuchen rund 35 Kinder die Sommerschule. Durch Mundpropaganda kämen an manchen Tagen weitere Kinder dazu, erzählt Sarolia Szabo, die bereits seit März Sprachförder-Lehrkraft an der Hans-Fallada-Schule ist. „Wir schicken aber niemanden weg“. Den Kontakt zu den Eltern habe sie über wöchentliche Gottesdienste hergestellt. Die meisten Roma-Familien in der Harzer Straße gehören einer Pfingstgemeinde an und kennen sich untereinander. Auch der Pfarrer rufe zum Schulbesuch auf.

Was man in drei Wochen schaffen kann? Die Schulanfänger lernen einen Grundwortschatz, Farben und Tiere kennen. Die übrigen Schüler, zwischen 9 und 13 Jahre alt und mit sehr unterschiedlichen Vorkenntnissen, üben Grammatik. Diese Woche gab es auch einen Ausflug ins Technikmuseum. Sarah (12) sitzt mit im Kreis und konjugiert gerade das Verb „tanzen“. An der Sommerschule gefallen ihr die Lehrerinnen und an Berlin die Schule, die Straßen und die Häuser. Sie komme freiwillig zur Sommerschule, sagt sie, spielen könne sie ja auch danach.

Die fünf Lehrerinnen und drei Schulhelfer, die die Kinder betreuen, werden finanziert vom Senat und vom Bezirk Neukölln. Alle sprechen auch Rumänisch, um zu übersetzen, wo es nötig ist. Die Lehrerinnen hätten sich von selbst bei der Bezirksverwaltung gemeldet als sie aus der Presse von der Situation von Roma in Neukölln erfahren haben, erzählt die Neuköllner Bildungsstadträtin Franziska Giffey (SPD). „Wir können hier etwas anbieten“, hätten sie gesagt. Einige von ihnen sind ausgebildete Pädagoginnen, ihr Studium werde aber in Deutschland nicht anerkannt. Der Lehrerin Oana Bauer (36) hatte man bei der Anerkennungsstelle gesagt, mit Rumänisch könne sie in Berlin nichts anfangen.

Ana-Maria Munteanu, Diplompsychologin und jetzt als Schulhelferin an der Sommerschule, möchte den Kindern „etwas anderes zeigen als das Leben ihnen bis jetzt gezeigt hat“. Ein Kind in ihrer Gruppe lebt mit zehn Geschwistern plus Vater und Mutter in einem Zimmer. Das Wort „Kinderzimmer“ muss man erklären. Die Rückmeldung der Eltern sei sehr positiv. Nach nur vier Tagen würde sie schon auf der Straße angesprochen und nach dem Tagesprogramm gefragt.

„Unsere Kinder sollen etwas lernen, deswegen sind wir nach Deutschland gekommen“, meint auch Leonard Ciriblan (33), der vor einem Wohnhaus in der Harzer Straße auf einem Hocker sitzt und anderen Hausbewohnern gerade einen Brief von der GEZ erklärt. Sein Sohn, der noch in Rumänien ist, sei zehn Jahre alt und könne noch nicht schreiben. Ciriblan macht dafür die Lehrer der dortigen Schule verantwortlich. Den Sohn möchte er bald nach Berlin holen.

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