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Schule: In der Wildnis beginnt die Zukunft

Lexus baut erstmals einen Hybridmotor in einen Geländewagen ein und setzt auf die Synergie von Benzin- und Elektroantrieb

Vorsicht Elche – das Warnschild hinter der Stadtgrenze von Oslo ist ein erstes Anzeichen von Wildnis. Auch wenn der Elch auf dem Schild wenig wild vorübertrabt. Das Schild ist nicht selten in Norwegen, wo es doch mehr Elche als Autos gibt. Dennoch treffen sich beide höchst selten, dann aber meistens recht schmerzvoll für beide Seiten. Doch hier auf einem ausgemusterten Militärflughafen ist es keine echte Warnung. Elche meiden den Krach, und den gibt es hier häufig. Denn auf dem Landeplatz wurde eine Teststrecke für Rennfahrer eingerichtet.

Auf diesem Gelände soll auch der Lexus RX 400h aufs Äußerste getestet werden. Es ist ein Testfahrt in die Zukunft, denn erstmals hat die Nobelmarke von Toyota einen Hybridmotor – also einen Mischmotor aus Benzinverbrennungs- und Elektroantrieb – in ein Sport Utility Vehicle (SUV) eingebaut. Ein kraftvoller Geländewagen mit einem umweltfreundlichen Antrieb. Auf dem Gelände, auf dem sonst auch Dragster-Rennen stattfinden, soll sowohl die beeindruckende Beschleunigung des Mischmotors als auch dessen Sparsamkeit ausprobiert werden. Anschließend wird der Hybrid dann in die Freiheit Norwegens entlassen.

Doch bevor es zu Elchen und Trollen geht, haben die Konstrukteure des Wagens noch eine schwere Prüfung gestellt: das Starten des Wagens. Der Zündschlüssel wird umgedreht und … nichts passiert. Kein Geräusch. Verzweiflung beim Fahrer und Besserwisserei beim Beifahrer. Deren darauf folgender Wortwechsel etwa so ging:

„Schalt doch mal den Motor ein!“ – „Habe ich doch!“ – „Ich hör nix.“ – „Ich auch nicht.“ – „Probiers noch mal!“

Wieder ist nichts zu hören, wieder entstehen bei beiden Insassen Zweifel, ob sie nicht etwas falsch machen. Ein dritter Versuch folgt. „Lass doch einfach mal die Bremse los und tritt das Gaspedal!“ Und tatsächlich: Der Wagen rollt vorwärts.

Das Faszinierenste am Lexus RX 400h ist zunächst das fehlende Geräusch des Motors. Im Stand läuft nur der Elektromotor, der Benzinmotor ist beim Anfahren bis cirka 45 Stundenkilometer automatisch abgeschaltet. Das Gleiche gilt auch für das Bremsen. Beim Bremsvorgang wird die entstehende kinetische Energie sogar in die Batterie zurückgeleitet. Beim Bremsen wird also für den nächsten Antritt geladen.

Nun könnte die stille Hörprobe im Innenraum an der guten Isolierung der geräumigen Innenkarosse liegen. Doch auch bei angelassenem Motor mit geöffneter Haube und drauf liegender Ohrmuschel verrät kein Geräusch den Betrieb des insgesamt 200 KW (272 PS) leistenden Motors. Auch das Schalten des Automatikgetriebes ist kaum wahrnehmbar. Lexus setzt auf eine stufenlos variable Übersetzung über ein so genanntes Planetengetriebe. Die einzelnen Stufen sind selbst für den Fahrer kaum spürbar.

Deutlich bemerktbar macht sich der drehmomentstarke Motor. Er kann 800 Newtonmeter erzeugen und drückt Fahrer und Kopilot auf der Teststrecke kräftig in den beheizbaren Sitz. Das ist selbst für ein SUV eine enorme Leistung. So schafft der zwei Tonnen schwere RX 400h den Spurt von 0 auf 100 in nur 7,6 Sekunden. Und das bei einem vom Hersteller angegebenen Durchschnittsverbrauch von 8,1 Litern, die in dem Test auch annähernd erreicht wurden. Der RX 400h erreicht die Fahrleistung eines V8 beim Verbrauch eines Vierzylinders.

Die Mischung aus emissionfreundlichem Elektormotor und kräftigem Benziner hebt den RX 400h von den anderen Fahrzeugen im SUV-Segment ab. Der Fünftürer erfüllt die Euro-4-Norm und würde ohne tief greifende Veränderungen alle derzeit gültigen oder geplanten Schadstoffemissionsgrenzen einhalten. Beim Verhältnis zwischen CO2-Emmission und Beschleunigung erzielt der Lexus in seiner Kategorie im Vergleich zu den Mitbewerbern den optimalsten Wert. Ähnliches gilt für das Verhältnis zwischen Beschleunigung und Verbrauch. Nie zuvor hat ein Auto so viel Fahrleistung bei gleichzeitig so wenig Schadschoffen und so geringen Verbrauchswerten erreicht. Im Stand verbraucht der Lexus RX 400h keinen Kraftstoff, weil der Verbrennungsmotor ausgeschaltet ist.

Den großen Nachteil des Benzinmotors – das niedrige Drehmoment beim Anfahren – gleicht der Hybrid durch seine beiden Elektromotoren aus. Der Hybrid erzeugt aus dem Stand eine enorm hohe Beschleunigung. Die Mischung aus Benziner und Elektor liegt über dem Wirkungsgrad eines allgemeinen Diesels. Bei steigender Drehzahl und höherer Geschwindigkeit hat der Benziner höhere Leistungswerte als der Elektromotor und ergänzt so den umweltfreundlichen Gegenpart. Neu ist beim Benzinmotor des RX 400h die variable Ventilsteuerung. Sie sorgt dafür, dass im Auto keiner merkt, wann der Motor ein- und abschaltet. Die Antriebssteuerung ist vollelektronisch.

Nicht nur der Motor ist eine Besonderheit. Auch im Inneraum und bei der Sicherheitstechnik versucht Lexus, die hohen Ansprüche seiner überwiegenden US-Kunden zu erfüllen. Ein spezielles Management koordiniert den Einsatz der Systeme für Sicherheit und Fahrstabilität. Es steuert bei Bedarf auch den Elektromotor für die Hinterachse separat. Instabile Fahrzustände erkennt es, bevor eine Situation kritisch werden kann. Das aktive Kurvenlicht passt sich der Fahrgeschwindigkeit und dem Lenkeinschlag an.

Besonders spannend – wenn auch mehr für den Beifahrer – ist das Multifunktionsdisplay. Hier lassen sich unter anderem die aktuellen Energieströme einstellen. Denn diese Technik fasziniert noch Stunden nach dem Einsteigen. Immer wieder läd die Batterie und ist doch nie voll. Denn die Lebensdauer verlängert sich erheblich, wenn sie nie vollständig ent- und geladen wird. Die Batterie mit insgesamt 288 Volt und maximal 45 KW läd und entläd sich nur zwischen 50 und etwa 66 Prozent. Der genaue Oberwert ist ein Firmengeheimnis von Lexus.

Kein Geheimnis ist allerdings der Preis. Ab 49750 Euro ist das Basismodell erhältlich. Serienmäßig sind die Klimananlage, die mit dem Strom aus der Batterie und nicht aus dem Motor betrieben wird, sowie die Rückspiegel, die automatisch und stufenlos abblenden. Der RX 400h liegt damit deutlich günstiger als seine Mitbewerber. Der RX 400h wir mit zwei zusätzlichen Ausstattungspaketen angeboten. Die Executive Line gibt es für 4550 Euro Aufschlag und die darauf aufbauende Luxury Line für noch mal 4600 Euro mehr. Dafür kann man dann aber den Elch beim Rückwärtsfahren durch eine spezielle Kamera beobachten. Direkt auf dem schönen Display.

Das Cockpit wirkt auf den ersten Blick ein wenig überladen. Immerhin ist alles dicht beeinander, was Lexus vor allem für die Mehrzahl seiner US-Kunden macht.

Doch je länger ein Fahrer mit dem Lexus unterwegs ist, desto sinnvoller erscheinen die vielfältigen Funktionen auf den Amaturen.

Besonders das Display ist ein Blickfang. Neben der Navigation lassen sich die Energieströme verfolgen und beim Rückwärtsfahren überträgt eine Kamera das Bild hinter dem Wagen.

Ingo Wolff

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