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Karin Babbe war Lehrerin und Grundschulleiterin . Jetzt beaufsichtigt sie als Schulrätin die Grundschulen in Charlottenburg-Wilmersdorf.

© Von Mike Wolff

Schule: Kitas und Schulen sollen enger zusammenarbeiten In Wedding werden schon jetzt

künftige Erstklässler auf den Unterricht vorbereitet

Die große Schulstrukturreform hat eine weitere Änderung im Berliner Schulgesetz bislang in den Hintergrund geschoben: Ab diesem Schuljahr werden dort auch Kooperationsvereinbarungen zwischen Grundschulen und Kindertagesstätten verbindlich eingefordert. Näher definiert sind diese Vorgaben allerdings nicht. Enger zusammenarbeiten sollen die Grundschulen künftig auch mit den weiterführenden Schulen.

Bislang kooperieren in Berlin zwar viele Grundschulen mit Kitas, allerdings nicht immer mit positiven Ergebnissen. Immer wieder fühlen sich Kinder – auch wegen der früheren Einschulung – beim Schulstart überfordert und bleiben dann oft ein Jahr länger in der flexiblen Schuleingangsphase. Die Lehrer wiederum kritisieren, dass die Kinder in der Kita nicht ausreichend auf den neuen Lebensabschnitt vorbereitet würden und zum Beispiel nicht in der Lage seien, einen Stift zu halten oder sich angemessen zu artikulieren.

Damit sich Erzieher und Lehrer künftig nicht mehr gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben, muss laut Senatsverwaltung die gegenseitige Akzeptanz wachsen, und die Kita als vorschulischer Bildungsort und „auf Augenhöhe“ wahrgenommen werden. Deshalb will die Senatsverwaltung künftig auch gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen organisieren. „Wir begrüßen das“, sagt Martina Castello vom Kita-Eigenbetrieb Südwest. Schließlich gehe es darum, dass die Kinder beim Übergang zwischen Kita und Schule keinen großen Bruch empfänden und auch nicht in ihrer Wissbegierde gebremst würden.

Inge Hirschmann, der Leiterin der Kreuzberger Heinrich-Zille-Grundschule und Vorsitzenden des Grundschulverbands, gehen beim Stichwort der Kooperation zwischen Grundschulen und Kitas ein paar praktische Gedanken durch den Kopf – ihre Schule arbeitet seit Jahren mit Kitas zusammen. „Unsere Erstklässler kommen aus ungefähr 15 verschiedenen Einrichtungen.“ Und durch die Einschulungsbereiche würden viele Kitagruppen auseinandergerissen. Sie frage sich deshalb, wie eine konkrete Zusammenarbeit mit den einzelnen Einrichtungen aussehen soll. Gemeinsame Fortbildungen von Erziehern und Lehrern kann sich Hirschmann gut vorstellen. Sie bedauere allerdings, dass den Grundschullehrern für die Kooperation keine zusätzlichen Zeitressourcen zur Verfügung gestellt würden: „Die Grundschule soll nach oben Projekte mit den weiterführenden Schulen organisieren und nach unten mit den Kitas.“ Dadurch werde sie zerquetscht wie der mittlere Teil eines Sandwiches.

Dass den Grundschullehrern die Kooperationszeit nicht angerechnet wird, ärgert auch Uta Schröder, die Direktorin der Hermann-Gmeiner-Schule in Lichtenberg und Vorsitzende der GEW-Schulleitervereinigung. Die Schule schickt seit Jahren ältere Schüler als Lesepaten in Kitas. Dass die Schulleiter sich nun auch noch um Kooperationsverträge mit Kitas kümmern sollen, sei schwierig. „Wir müssen uns dabei immer wieder fragen, ob wir dafür noch die nötige Zeit und Kraft haben.“ Wichtig sei doch, „dass sich die Lehrer mit den Erziehern über die Kinder austauschen“.

Wie man auch mit knappen Zeitressourcen eine gute Zusammenarbeit zwischen Kitas und Grundschulen organisiert, zeigt Karin Babbe: Die Leiterin der Erika-Mann-Grundschule in Wedding arbeitet seit mehr als zehn Jahren mit den nahe gelegenen Kitas zusammen, organisiert für Erzieher und Lehrer gemeinsame Fortbildungen und holt die künftigen Erstklässler schon vor der Einschulung an die Schule: „Die Kinder können bei uns dann eine Schnupperwerkstatt besuchen und einen schönen Tag verleben.“ Zudem überprüften die Lehrer schon zu Jahresbeginn den Sprachstand der künftigen Erstklässler. „Das macht die Arbeit im kommenden Schuljahr leichter.“ Bis zum Sommer gehen Pädagogen der Mann-Schule dann regelmäßig in die umliegenden Kitas, um mit „ihren“ künftigen Schülern zu arbeiten. Mit einigen Grundschülern geht Babbe auch regelmäßig zum Vorlesen in ihre Kooperationskitas. „Für die Kooperation kann man die bestehenden Strukturen flexibel nutzen.“

Die Mann-Grundschule gehört auch zu den Teilnehmern eines Pilotprojekts , mit dessen Hilfe die Kooperation in ausgewählten Einrichtungen erprobt worden ist.

Für Christa Preissing vom Berliner Kita-Institut kann die Zusammenarbeit von Kitas und Grundschulen eine „Win-Win-Situation“ sein. Denkbar ist für Preissing zum Beispiel, dass die Grundschullehrer ein, zwei Tage ihrer unterrichtsfreien Zeit in diese Zusammenarbeit investieren.

Nach Ansicht des Landeselternsprechers Günter Peiritsch müssen auch die Eltern in diese Übergangsphase miteinbezogen werden. „Viele Eltern triezen ihre Kinder im letzten Kitajahr zum Beispiel mit dem Alphabet, statt sich mit deren motorischen Fähigkeiten zu befassen.“

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