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Konflikte: Schulgewalt: Eltern fordern Ombudsstelle

Angesichts der zunehmenden Gewalt und der Diskussion um sexuellen Missbrauch an Schulen fordern der Landeselternausschuss und die Grünen eine unabhängige Ombudsstelle. Sie soll Anlauf- und Beschwerdestelle für Eltern, Schüler und Lehrer sein, die Hilfe bei Konflikten, Gewalt und Mobbing brauchen.

Die Ombudsstelle solle als „Rettungsring“ fungieren, heißt es in einem Antrag der Grünen für das Abgeordnetenhaus.

Nach einer aktuellen Auswertung der Bildungsverwaltung ist die Zahl der Gewaltmeldungen im Schuljahr 2008/09 erneut gestiegen und zwar um 16 Prozent auf 1817 Vorfälle. Zwei Drittel der Meldungen betrafen körperliche Gewalt, ein Fünftel Bedrohungen. Insgesamt kamen die meisten Meldungen aus Grundschulen, gefolgt von den Sonderschulen. Ein Großteil des Anstiegs beruht auf dutzenden Amokdrohungen nach den Ereignissen von Winnenden. Die Amoktat habe zu einer „starken Verunsicherung“ geführt, berichtet die Bildungsverwaltung. Lehrer seien in Sorge gewesen, gefährliche Entwicklungen nicht richtig einschätzen oder Eskalationen nicht verhindern zu können. Das habe zu einer größeren Meldebereitschaft geführt.

Umstritten ist die Entscheidung der Bildungsverwaltung, dass künftig leichtere Gewaltvorfälle, Sachbeschädigungen und Beleidigungen von Lehrer nicht mehr meldepflichtig sind. Das war von Neuköllns Bildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD) kritisiert worden und gestern auch von Landeselternsprecher André Schindler. Er sieht darin einen „ersten Schritt zur Bagatellisierung derartiger Vorfälle“. Die Schulleiter hingegen begrüßten die Begrenzung der Meldepflicht als „sinnvollen Beitrag zum Bürokratieabbau“ und bekamen darin Unterstützung des Abgeordneten Özcan Mutlu (Grüne). Wichtiger als jede Kleinigkeit zu melden sei es, in wirklich schweren Fällen adäquat reagieren zu können, meinte Paul Schuknecht vom GEW-Schulleiterverband. Dabei wies er auf die mangelnde Vernetzung der Jugendämter hin, die es schwierig mache, zügig auf Probleme mit gewaltbereiten Schülern zu reagieren und Hilfe zu bekommen.

Die Forderung nach einer Ombudsstelle wurde verhalten aufgenommen. Schuknecht verwies auf Institutionen wie Konfliktlotsen und „Seniorpartner in School“, die sich bewährt hätten. Lediglich in Fällen von sexuellem Missbrauch könne eine Ombudsstelle Sinn machen. Ansonsten könne sie sich zu einer reinen „Meckerecke“ entwickeln.

Auch Ralf Treptow vom Verband der Oberstudiendirektoren hält eine Ombudsstelle generell für überflüssig. Wichtiger sei es, in den Schulen eine „Kultur des Hinsehens“ zu erzeugen. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hatte sich vor zwei Jahren entschieden, statt einer unabhängigen Ombudsstelle „Beschwerdemanager“ in seiner Verwaltung zu verankern. Susanne Vieth-Entus

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