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Schule: Liebe Laura, die Kanzlerin war in der Sauna

Kinder fragten Prominente, wie sie den 9. November 1989 verbrachten. Die Grunewald-Schule zeigt die Briefe in einer Ausstellung

Als Laura diesen Brief aus dem Kasten holte, hat sie gestrahlt. „Liebe Laura“, steht da, „Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat mich gebeten, Dir für Deinen Brief zu danken. Du hast im Rahmen der Religionsstunde einen sehr schönen Brief geschrieben, der der Bundeskanzlerin auch vom Schreibstil und der äußeren Form sehr gefallen hat.“ Das Schriftstück aus dem Bundeskanzleramt hängt nun wie die Post vom Papst oder auch der Queen-Brief aus dem Buckingham Palace in einer Dauerausstellung in der Grunewald-Grundschule. Die Schau zum Mauerfallprojekt „Die Vielfalt in der Einheit“ der Schule in Grunewald dokumentiert zeitlos aktuell das Briefprojekt und die Dominosteinaktion zum Wendejubiläum anlässlich des 9. November 1989.

Religionslehrerin Claudia Syll steckte wie Kunstlehrerin Elke Dudek viel Energie ins Projekt. Die Idee: Schüler schreiben an Verwandte und Prominente wie Politiker, Sänger und Schauspieler und fragen sie, wie sie den geschichtsträchtigen Tag ganz persönlich in Erinnerung haben. Alt-Kanzler Helmut Schmidt hat sich für den Antwortbrief sogar an seine alte mechanische Schreibmaschine gesetzt. Wendekanzler Helmut Kohl schickte extra umformulierte Passagen aus seinem Buch. Und das Merkel-Büro verriet, dass die Bundeskanzlerin, „wie jede Woche, von 18 bis 21 Uhr in die Sauna ging, da zu dieser Zeit die Maueröffnung noch nicht erkennbar war.“ Und später saß sie „irgendwann bei einer fröhlichen Westberliner Familie in der Wohnung“. Zum Projekt gehörte auch der Domino-Mauerstein, den der Unternehmer Clemens Krause ermöglichte und der auch mit Schlagzeilen aus dem Tagesspiegel beklebt wurde. Da entdeckte sich Schulleiter Andreas Grimm auf einem Tagesspiegel-Foto von vor 21 Jahren als Mauerspecht.

„Das Projekt hat total Spaß gemacht“, sagen Schüler Lukas und Nikolas. „Mir war wichtig, den Kindern zu vermitteln, dass ein Mangel an Freiheit und Demokratie zu der Revolution führte, die friedlich war, auch in Erinnerung an andere Vordenker wie Gandhi und Martin Luther King“, sagt Syll. Die Pädagogin und die Grunewaldschüler waren mit ihren zwei Dominosteinen dann dicht dran am Brandenburger Tor und den Prominenten.

„Es freut mich sehr, dass Ihr mit Eurer Religionslehrerin über den Frieden sprecht“, antwortete der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit der Schülerin Nura: „Ich war damals Stadtrat für Volksbildung und Kultur in Tempelhof. Am Abend war ich zu Hause und habe einige Akten gelesen. Dann klingelte das Telefon und ein Nachbar sagte mir, dass ich unbedingt den Fernseher anschalten soll.“ Gerhard Schröder schreibt: „Ja, ich war wie alle überrascht, als die Mauer geöffnet wurde.“ Und schließt mit den Worten: „Ich hoffe, lieber Arman, diese Erinnerungen von mir an eine sehr bewegende Zeit helfen Dir für Deinen Unterricht weiter.“

Für Laura hat die Kanzlerin zum Abschied noch einen Tipp parat: Das Mädchen solle doch künftig Briefe „persönlich unterschreiben.“Annette Kögel

Besucher, die die Schau in der Delbrückstraße 20a ansehen wollen, werden um Anmeldung unter Telefon 8904969-0 gebeten. Es ist auch ein Buch zum Projekt geplant.

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