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© Kai-Uwe Heinrich

Lindenhof-Grundschule: Den Schwebeteilchen auf der Spur

Unterrichtsstoff zum Anfassen: Sechstklässler der Lindenhof-Grundschule erkunden die Wasserqualität eines Weihers in ihrer Nachbarschaft.

Sebastian, 12, steht hüfttief im Wasser. Er trägt eine sogenannte Wathose aus Gummi, die wasserdicht mit den Stiefeln verbunden ist, und zieht ein kleines Sieb durch den Tümpel. Algensammeln. Sein Gesicht wirkt angewidert, aber vielleicht ist das nur die Konzentration. Seine Klasse, die 6a der Steglitzer Lindenhof-Grundschule, steht grölend am Ufer.

Naturwissenschaftliche Forschung steht heute auf dem Plan – und die beginnt im Feld. Am Morgen im Klassenzimmer wussten die Kindern bereits, dass es Salz- und Trinkwasser gibt. Aber Wasser ist mehr als der Tropfen aus der Leitung und die Wellen, die an die Küste schwappen. Wasser als Ökosystem – damit dieser Unterrichtsstoff ein bisschen anschaulicher wird, hat Rektorin Helga Keppeler-Schrimpf, die die Klasse im Fach Naturwissenschaften unterrichtet, vier TU-Wissenschaftlerinnen eingeladen. Mit den Schülern wollen sie die Wasserqualität des benachbarten Teiches analysieren: mikro- und phototrope Organismen, Sauerstoff- und Phosphatgehalt, Trübung und Leitfähigkeit. Nachmittags werden die Schüler im TU-Labor die Untersuchungen vornehmen. Aber zuerst muss die Materie gesammelt werden.

Auch die Mitschüler haben sich Gummistiefel angezogen und waten im Wasser. Mit feinen Netzen ziehen sie Schwebeteilchen heraus, kratzen Belag von Wasserpflanzen, füllen Wasser in Flaschen und halten Messgeräte in den Teich. „Bei solchen Aktionen machen auch die Kinder mit, die sich sonst nie melden. Sobald sie die Welt nicht nur auswendig lernen, sondern anfassen können, sind sie dabei“, sagt Keppeler-Schrimpf. Sie möchte die Kinder an das Forschen führen: „Nur wer lernt, genau hinzusehen und die Dinge zu hinterfragen, kann sie auch schützen.“

Sebastian hat nasse Füße. Die Wathose war nicht ganz dicht, aber er hat einiges aus dem Wasser geholt: schmierige Algen, trübes Wasser, eine ausgehöhlte Mückenlarve – zusammen mit den Frauen von der Uni packt er alles in kleine Kästchen und beschriftet diese. Dann geht es ins Labor, Organismen zählen und chemische Werte bestimmen:

Der Phosphatwert eines Teiches gibt Auskunft über den Nährstoffgehalt. Je höher er ist, desto mehr Algen wachsen und verbrauchen den Sauerstoff des Gewässers. Abwasser hat einen hohen Phosphatgehalt, Putzmittel auch – und Cola, wie die Schüler spontan testen: Zehnmal höher als der erlaubte Wert für Trinkwasser. Für den Lindenhofweiher ermitteln die Schüler einen Wert, der sogar noch unter dem des Trinkwassers liegt.

Die Trübung eines Gewässers kommt durch Schwebeteilchen wie Mikroorganismen, Staub und Sand zustande. Diese winzigen Organismen können sehr schädlich sein, wenn es zu viele werden: Sie hemmen den Lichteinfall und verhindern dadurch die Fotosynthese – das Atmen der Pflanzen. Am Ende hat die 6a zusammen mit den Wissenschaftlerinnen ein Ergebnis erarbeitet, das schon sehr professionell klingt: „Anhand der Planktonarten (Leitorganismen) entspricht der Lindenhofweiher einer Wassergüteklasse II (nach Liebmann), also beta-mesosaprob.“ Das heißt übersetzt: Der Teich ist eine mäßig verunreinigte Wasserzone.

Sebastian und seinen Mitschülern hat es gefallen, „es ist faszinierend zu sehen, was in so einem See alles drin ist, und Tiere anzuschauen, die man noch nie gesehen hat“, sagt er. Im Juni wird die Klasse die Untersuchungen wiederholen, um zu sehen, wie sich die chemischen Parameter, Zahl und Arten der Organismen im Wasser mit den Jahreszeiten verändern.

Katrin Zeug

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