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Kein Eintritt. Die Container der Mühlenau- Schule bleiben bis Himmelfahrt zu.

© Kai-Uwe Heinrich

Marode Schulen in Steglitz-Zehlendorf: Pfeiler gegen Einsturz genügen dem Brandschutz nicht

Erst drohte der Einsturz, nun hapert’s am Brandschutz: Die Unterrichtscontainer an drei Schulen in Steglitz-Zehlendorf bleiben noch länger geschlossen. Der Bezirk und seine Verantwortlichen bleiben im Fokus der Kritik.

Volker Herz reicht es. „Wir sind höchstgradig verärgert“, sagt der Leiter der Mühlenau-Grundschule in Dahlem. Und damit sei er nicht alleine: Seinen Kollegen aus der Kronachschule in Lichterfelde und der Sachsenwaldschule in Steglitz gehe es genauso, sagt Herz.

Der Grund für den Wutausbruch: An diesen drei Schulen hatten sich alle darauf gefreut, an diesem Montag endlich wieder die Klassenräume beziehen zu können, die wegen Einsturzgefahr vor wenigen Wochen gesperrt werden mussten. Doch jetzt hat sich herausgestellt, dass die Stützpfeiler, die nach der Entdeckung der Schäden behelfsmäßig eingebaut worden sind, nicht den Brandschutzbestimmungen entsprechen. Und das bedeutet, dass die Räume doch nicht genutzt werden dürfen. Zumindest so lange nicht, bis die Pfeiler mit einer Rigips-Ummantelung brandsicher gemacht worden sind. Der neue Zeitplan ist optimistisch: „Uns wurde versprochen, dass das bis Himmelfahrt passiert“, sagt Volker Herz, aber er klingt skeptisch. Mehr als 200 Schüler allein an seiner Schule müssen also für ihren Unterricht weiterhin provisorisch untergebracht werden – in Horträumen, im Musikzimmer und anderen Fachräumen. „Von einem geordneten Schulleben kann keine Rede sein“, sagt Herz.

Wie ist es überhaupt zu dieser Situation gekommen? Wie berichtet, hatten Statiker in den Osterferien Schäden an zwei Gebäuden der Mühlenau-Schule entdeckt. Es handelte sich um sogenannte „mobile Unterrichtsräume“ (MUR), eigentlich provisorische Ersatzbauten, die dort seit Anfang der 1990er Jahre stehen, als schnell Platz für eine wachsende Schülerschaft geschaffen werden musste.

Die Mobilbauten waren nur für eine Nutzungsdauer von zehn Jahren ausgelegt, sind aber immer noch im Einsatz. Nach einer Brandschutzbegehung im Oktober vergangenen Jahres war erstmals aufgefallen, dass die Betriebserlaubnis abgelaufen war, Statiker entdeckten dann in den Osterferien Risse und Schäden im Tragwerk. Daraufhin wurden baugleiche MURs an anderen Schulen überprüft.

An der Kronach- und der Sachsenwaldschule wurde man fündig, auch dort gab es Sperrungen. Außerdem wurden die Hochbauämter in anderen Bezirken informiert. Der baugleiche Gebäudetyp der inzwischen insolventen Firma Kesting wurde auch in anderen Bezirken errichtet – unter anderem in Mitte, Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Reinickendorf. Weitere Sperrungen waren aber bisher nicht nötig.

Kurz nach der Entdeckung der Schäden verkündete die Steglitz-Zehlendorfer Bildungsstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU): „Es gibt eine gute Nachricht: Die drei MUR sind notsanierbar.“ Die Schulen reagierten erleichtert. „Wir haben uns gefreut und waren positiv gestimmt, dass es vorangeht“, sagt Schulleiter Volker Herz. Am vergangenen Montag seien die Stützpfeiler eingebaut worden. Doch die Freude währte nur bis zum Donnerstag. Da beanstandete dann nämlich die Bauaufsicht den mangelnden Brandschutz.

Was Volker Herz nicht versteht: Wieso stimmen sich die verschiedenen Abteilungen des Bezirks nicht ab, bevor eine solche Maßnahme veranlasst wird? Er selbst erklärt es damit, dass die baulichen Angelegenheiten so aufgeteilt werden, dass sie in die Zuständigkeit von gleich drei Stadträten fallen. Immobilienstadtrat Michael Karnetzki (SPD) ist für Hochbau und Facility Management zuständig. Eine ihm unterstellte Behörde gab offenbar den Einbau der Stützpfeiler in Auftrag. Die Bauaufsicht, die den Brandschutz bemängelte, liegt aber in der Zuständigkeit von Norbert Schmidt (CDU), Stadtrat für Stadtentwicklung. Daneben gibt es noch Christa Markl-Vieto (Grüne), zuständig für Tiefbau (und Jugend, Gesundheit und Umwelt). Offenbar hat das Bauamt (Karnetzki) nicht rechtzeitig mit der Bauaufsicht (Schmidt) kommuniziert, vermutet Herz. Eine Stellungnahme aus dem Bezirksamt, wie es zu der neuerlichen Verzögerung gekommen ist, war am Montag auf Anfrage nicht zu bekommen. Stadträtin Richter-Kotowski verwies darauf, dass Stadtrat Karnetzki zuständig sei. Der befindet sich im Urlaub, auch Stadtrat Schmidt ist bis Juni nicht erreichbar.

„Lieber auf Nummer sicher gehen“, kommentiert Ulrike Kipf vom Bezirkselternausschuss die neuerliche Verzögerung. Am heutigen Dienstag wird sie sich selbst ein Bild vor Ort machen, da tagt der Bezirksschulausschuss in der Mühlenau-Grundschule. „Fragt sich nur, in welchen Räumen“, sagt Volker Herz.

ZUSATZINFORMATION:

STEGLITZ-ZEHLENDORF: SPITZE BEIM SANIERUNGSSTAU

Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf steht besonders in der Kritik von Eltern und Schülern, weil er in den vergangenen Jahren weniger als andere Bezirke in die Schulen investierte. In der Folge ist der Sanierungsstau wesentlich höher als in den meisten anderen Bezirken. Er beträgt über 400 Millionen Euro. Zum Vergleich: In Charlottenburg-Wilmersdorf gibt der Bezirk den Sanierungsstau nur mit 50 Millionen Euro an.

SCHÜLER PROTESTIEREN

Die Eltern haben schon mit mehreren Aktionen auf die Zustände aufmerksam gemacht. Zuletzt demonstrierten Schüler für sanierte Toiletten. Im Juni plant der Bezirkschülerausschuss eine Großdemonstration, die vom Rathaus Zehlendorf zum Rathaus Steglitz führen soll. Die Schüler halten an ihrer lang geplanten Demo fest, obwohl inzwischen über das Investitionsprogramm „Sondervermögen Infrastruktur der wachsenden Stadt“ (SIWA) rund acht Millionen Euro mehr für die Sanierung dreier Schulen in Steglitz-Zehlendorf zur Verfügung stehen. „Das Geld reicht nicht aus“, lautet das Argument der Schüler. sve/svo

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