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Schule: Mehr Sicherheit für Kleinlaster

Fahreigenschaften verändern sich mit jeder Änderung der Ladung Erweitertes ESP berücksichtigt künftig auch den Ladezustand des Fahrzeugs

Von Ingo von Dahlern Sie machen schon seit einiger Zeit viele negative Schlagzeilen – Kleinlaster, die mit hohem Tempo insbesondere auf Autobahnen unterwegs sind und immer wieder in spektakuläre Unfälle verwickelt sind. Um dem mit diesen Fahrzeugen verbundenen hohen Sicherheitsrisiko zu begegnen, wird immer öfter der Ruf nach einer Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit für diese Fahrzeuge laut, die auf unseren Autobahnen derzeit keinem Tempolimit unterliegen. Doch obwohl diese Forderung auf den ersten Blick sehr vernünftig scheint, besteht die Gefahr, dass allein mit einem Tempolimit nur wenig erreicht wird. Denn selbst dann, wenn solche Kleinlaster nur mit maximal 80 km/h unterwegs sein dürften, bestände für sie immer noch ein besonders hohes Sicherheitsrisiko.

Das liegt in der Tatsache begründet, dass die Fahreigenschaften dieser Autos erheblich davon abhängen, wie sie beladen sind. Das gilt auch dann, wenn die Ladung vorschriftsgemäß gesichert ist. Denn je nach Beladung kann sich der Schwerpunkt leichter Nutzfahrzeuge in Längsrichtung um rund 25 Prozent und in der Höhe sogar um rund 50 Prozent verschieben. Das wiederum führt dazu, dass das Fahrverhalten solcher Fahrzeuge je nach Beladung sehr unterschiedlich ist. Das gilt für das Bremsen und die Bremswege ebenso wie für die Traktion, das Kurvenverhalten und vor allem auch für die Neigung zum Umkippen bei zügiger Kurvenfahrt oder auch schnellen Ausweichmanövern.

Für den Lenker bedeutet das, dass sich mit jeder Veränderung der Ladung auch das Fahrverhalten seines Fahrzeugs ändert – und das oft ganz erheblich. Doch bei normaler Geradeausfahrt merkt er davon nichts – dafür umso mehr in kritischen Fahrsituationen. So kann sich ein Fahrzeug, das für ihn gerade noch sicher beherrschbar war, nach der Aufnahme zusätzlicher Ladung oder dem Abladen eines Teils der Ladung beim nächsten schnellen Ausweichmanöver völlig anders verhalten als bisher, so dass er schnell die Kontrolle über sein Auto verliert.

Unter diesem Aspekt verdient eine Weiterentwicklung der Fahrdynamikregelung ESP Beachtung, die Bosch derzeit in enger Kooperation mit Mercedes-Benz entwickelt. Denn dieses System kann die Wirkung der Fahrdynamikregelung an das jeweils aktuelle Gesamtgewicht des Fahrzeugs und seine so genannte „charakteristische Geschwindigkeit“ anpassen. Die ist eine wichtige Basisgröße für die ESP-Regelung und sowohl vom Fahrzeuggewicht als auch der Lage des Schwerpunkts abhängig und beschreibt, wie das Fahrzeug auf Lenkbewegungen reagiert.

Eine Fahrdynamikregelung mit so genannter „Load Adaptive Control“ (LAC) - einer „integrierten Ladezustandserkennung“, wie die Erweiterung des ESP genannt wird, bietet also eine sehr konkrete Chance, die Fahrsicherheit von Kleintransportern bei allen Geschwindigkeiten wirksam zu verbessern.

Denn das ESP kann beim gezielten Bremsen einzelner Räder und dem Reduzieren des Motordrehmoments nun erstmals berücksichtigen, dass ein voll beladener Transporter mit hohem Schwerpunkt in vielen Situationen stärker zum Übersteuern und zum Umkippen neigt als ein leerer.

Das bedeutet konkret, dass das System in diesem Fall bei einer zu zügig angegangenen Kurve oder einem flinken Ausweichmanöver früher eingreift und das Fahrzeug stabilisiert. Ist dagegen die Hinterachse mit schwerer Ladung belastet, kann über die Notfalle erheblich mehr Bremskraft übertragen werden, ohne dass sie blockiert. Das neue System optimiert die Bremskraftverteilung je nach Ladung und Ladungsverteilung. Bereits im nächsten Jahr wird das erweiterte ESP für leichte Nutzfahrzeuge in Serie gehen.

Aber warum nur für die und nicht für Pkw, mag mancher nun fragen. Bei Personenwagen sind die Schwerpunktverlagerungen durch Ladung erheblich niedriger – liegen in Längsrichtung und Höhe bei maximal fünf Prozent. Eine Anpassung des ESP an den Ladezustand wie bei Kleinlastern erübrigt sich damit für normale Personenwagen.

Etwas anders ist die Situation möglicherweise bei hochbeinigen so genannten SUV (Sports Utility Vehicles). Hier könnte eine Ladezustandserkennung die Wirkung eines ESP möglicherweise so weit verbessern, dass der zusätzliche Aufwand für eine entsprechende Erweiterung sich rechtfertigen ließe – aber das ist derzeit noch Zukunftsmusik.

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