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Zeitungsmacher

© Doris Spiekermann-Klaas

Mitmachmuseum: Die Blattmacher von morgen

Schreiben, schnippeln, knipsen: Im Labyrinth-Kindermusem können Acht- bis 13-Jährige in den Ferien ihre eigene Zeitung gestalten.

Die Werbefachfrauen Antonia und Friederike durchwühlen die Auslage des Marktes im Labyrinth-Kindermuseum. Auf dem Tisch liegen mit Markenreklame bemalte Klötze. Die zehnjährige Antonia greift sich den mit den Elefanten vorne drauf. Sie ruft: „Schwarzer Tee aus Indien!“ Die Reporter Aron und Leon, beide acht, halten Besuchern ein Diktiergerät unter die Nase. Derweil pappen Betreuer Fotos von ihnen in Presseausweise aus Glanzpapier. Sie alle lernen gerade eines: Zeitung machen funktioniert nur, wenn alle zusammenarbeiten.

Die ganzen Sommerferien über verwandelt sich das Mitmachmuseum an der Osloer Straße in Wedding in eine große Redaktion für acht- bis dreizehnjährige Kinder. Jeweils eine Woche lang gestaltet eine Gruppe eine Zeitungsausgabe. Fast völlig frei: Fest steht der Titel „Labyrinth Ferienpost“. Die jungen Reporter sollen möglichst Artikel über die Ausstellung „Ganz weit weg – und doch so nah“ schreiben, die noch bis 26. August im Museum zu sehen ist. Also streifen sich die Schüler im „Verwandlungsbasar“ Matrosenanzug oder Tüllkleidchen über, schnüffeln an den Gewürzsäckchen in der „Küche der Welt“ oder gucken im „Ganz-Nah-Kino“ Filme über Brasilien oder Thailand. Schließlich beschreiben Journalisten, wie Dinge aussehen, riechen oder sich anfühlen.

Von gestandenen Profis lernen

Jede Gruppe besucht ein namhaftes Medienhaus. Es geht zum „Stern“ und zur „Zeit“, zur „Deutschen Presse-Agentur“ und zum Tagesspiegel. Tom Buhrow wünscht via Flyer „alles Gute und viel Spaß“. Eine „super Idee“ sei die Kinderredaktion, findet der „Tagesthemen“-Moderator. Die Kinder könnten dort „gleich mehrere Qualitäten einüben, die für unser Zusammenleben wertvoll sind“.

Der Nachrichtenmann trifft den Kern der didaktischen Botschaft. Projektleiterin Simone Holzwarth bringt sie anders auf den Punkt: „Tolle Einfälle haben alle Kinder.“ Eine lesenswerte Zeitung entstehe aber nur, wenn sie ihre Fantasie auch ins große Ganze einbringen.

Die Schüler haben also Gelegenheit, sich von erwachsenen Profis Kniffe abzuschauen. Deren Produkte einfach nachmachen wollen sie nicht. Sie zerpflücken einen Stapel mit Zeitungen und monieren, was ihnen nicht gefällt. Dann schneiden sie Schnipsel aus und kleben sie auf. Auf den Streifen „gute Bilder“ kommen Fotos von Eisbär Knut und dem Marx-Engels-Forum. Die sozialistischen Urväter sind als Osterhasen verkleidet, an ihren Ohren stecken lange Löffel aus Plüsch. „Langweilig“ finden die Kinder Großaufnahmen von Politikern. In ihrer Zeitung wird es die nicht geben, sie soll „von Kindern für Kinder“ gemacht werden.

Berufswunsch Journalist: "So werde ich reich und berühmt"

Die zwanzig Kinder haben sich nach verschiedenen Aufgaben aufgeteilt: Redakteure, Reporter, Fotografen, Grafiker und Werber. Yannik sitzt mit seinem Schreibblock in einem Floß. Das schwimmt zwar nicht. Aber es lässt sich einige Meter entlang einer Bilderwand ziehen. So reist der Reporter flugs zu den ägyptischen Pyramiden und taucht ins bunte Treiben einer chinesischen Stadt ein. Das jetzt aufschreiben zu müssen, erfreut Yannik nicht. Trotzdem möchte er später als Journalist arbeiten. „So werde ich reich und berühmt“, glaubt der Junge.

Die Grafikerinnen Dorothea und Helen experimentieren inzwischen am Rechner mit verschiedenen Schriftgrößen und Farben. Sie suchen erst einmal nach einem schönen Logo für ihre Zeitung. Dann überlegen die Mädchen, ob sie zur Illustration lieber Fotos oder gemalte Bilder verwenden wollen.

Die elfjährige Isabell hat sich für eine Tätigkeit als Redakteurin entschieden, weil sie gut in Rechtschreibung ist. Was sie zu tun hat, weiß sie ganz genau. „Redakteure geben den Reportern Tipps und sagen ihnen, was sie zu tun haben.“ Auch Isabell kann sich vorstellen, mit dieser Arbeit irgendwann Geld zu verdienen. Falls sie nicht lieber Sekretärin wird.

Voller Lust ins kreative Werk

Es ist der zweite Vormittag der Redaktionswoche. Die Nachwuchsjournalisten müssen sich als Team erst noch finden. Eric kritzelt Schwarz-Weiß-Gesichter aufs Papier. Der ernste Junge ist hierhergekommen, weil er herausfinden will, „wie die Zeitungsleute die Artikel heranschaffen“. David schlägt vor, Litfaßsäulen mit Kinoplakaten zu fotografieren. Der begeisterte Leser will sich unbedingt mit einer Geschichte über Harry Potter verewigen. In jeder Pause schlägt er einen Wälzer über den Zauberknirps auf und pirscht sich näher an Seite 900 heran. Computer-Freak Daniel hämmert mit sichtlichem Spaß in die Tastatur. Einige Kinder suchen noch nach Aufgaben. Aber die meisten stürzen sich voller Lust ins kreative Werk.

Die Kleingruppen raufen sich allmählich zusammen. Antonia geht in ihrer Tätigkeit völlig auf. Sie balanciert auf dem Kopf einen Obstkorb über einen Wackelparcours, Florian knipst sie dabei. Könnte als Werbeaufnahme taugen. Fragt sich nur, für welches Produkt? Am besten noch einmal auf dem Wühltisch mit den bemalten Holzklötzen kramen: Dort findet sich bestimmt eine Idee.

Die festen Plätze der Gruppen sind ausgebucht. Bis 26. August kann aber jeder Besucher zwischen acht und 13 Jahren in der „offenen Redaktion“ mitmachen: Das heißt, über die Ausstellung im Museum einen Bericht schreiben oder einen Comic zeichnen – und ab in den Sammelkasten. Vielleicht heben die jungen Redakteure das Werk ins Blatt. Infos unter Tel. 800 93 11 50. Das Labyrinth-Kindermuseum befindet sich in der Osloer Str. 12.

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