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Schule: Platzhirsche und Multi-Kulti-Familien

Beim Treffpunkt Tagesspiegel im Museum für Verkehr und Technik eröffnete Autoprofessor Hannes Brachat interessante Zukunftsperspektiven für Händler und Kunden

Der Ort der Veranstaltung hätte besser nicht gewählt sein können: Die fliegenden Kisten der Luftfahrer schwebten über den Köpfen der Tagesspiegel-Gäste und verliehen der Veranstaltung den Hauch von Pioniergeist, der auch diesen Abend bestimmen sollte: Hannes Brachat sprach beim Treffpunkt Tagesspiegel im Museum für Verkehr und Technik über die Zukunft des Autohandels.

„Zukunft ist nicht, Zukunft macht man.“ Das war der Leitsatz des Professors für Automobilwirtschaft als er am vergangenen Dienstag vor weit mehr als 100 Gästen des Tagesspiegels sprach. Dieser Leitsatz bezog sich zunächst auf ein Thema, das derzeit in der Autobranche heiß diskutiert wird: den Handel mit mehreren Marken. Im Oktober wird die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit in Europa aufgehoben. Danach kann jeder Autohändler nach Belieben mit verschiedenen Marken handeln – auch in denselben Verkaufsräumen. Viele Händler bereiten sich bereits jetzt darauf vor. Aber ist der Handel mit verschiedenen Marken für einen Händler wirklich eine Chance oder nicht doch eher ein zusätzliches Risiko?

Für Hannes Brachat bietet die europäische Regelung beides. „Mit gut fünf Millionen Neuwagen pro Jahr wird der Kuchen nicht größer“, sagt der Autoprofessor. „ Aber er wird neu verteilt.“ Und in den neuen Möglichkeiten lägen sowohl Chancen als auch Risiken für die Händler. Einerseits stellten neue Marken im Portfolio zum Beispiel hohe Kapitalanforderungen, der Händler verliere seine Exklusivität und laufe Gefahr, dass sich die verschiedenen Marken gegenseitig „kannibalisierten“. Andererseits gebe es aber auch deutliche Vorteile: Beispielsweise mehr Unabhängigkeit von einem Hersteller oder die Möglichkeit, Kunden zu halten, die die Marke wechseln wollten.

Brachats Fazit: Eine Generallösung gibt es nicht. Jeder Händler müsse eine individuelle Strategie überlegen. Etwa die des „Platzhirschen“, für den der Ausbau einer angestammten Marke der richtige Weg sei, oder die der „Multi-Kulti-Familie“, die sich mit miteinander kompatiblen Marken erst richtig entwickeln könne.

Einen Fehler sollten Autohändler allerdings auf keinen Fall machen: „Hüten Sie sich vor der Geiz-ist-geil-Welle“, sagte Brachat mit humorigem Unterton. Wenn diese Spirale weitergehe, könne es nur einen enormen Abtrieb geben. Die Zukunft des Autohandels liege vielmehr darin, Kunden mit individuellen und zusätzlichen Serviceangeboten zu binden. „Ein Gutschein für ein kostenloses Fahrsicherheitstraining oder Festpreise für kleinere Wartungsarbeiten schaffen ihnen mehr Bindung zum Kunden als ein Rabatt.“ Überdies sei Service der Insolvenzverhinderer Nummer Eins.

Zweiter Redner des Abends war Jan Ippen, der Geschäftsführer des Internetportals „autoanzeigen.de“, das vor eineinhalb Jahren gegründet wurde und mittlerweile zu den drei größten Autoportalen Deutschlands gehört. In Kooperation mit dem Tagesspiegel bietet „autoanzeigen.de“ seinen Kunden die Möglichkeit Anzeigen parallel im Internet wie auch im Print erscheinen zu lassen. „Dabei können Sie die Formate frei wählen, die Texte frei gestalten und vor allem rund um die Uhr aufgeben und ändern“, erläuterte Ippen einige der Vorteile dieser Kooperation. „Zusammen sind wir ein starkes Team und davon profitieren auch Sie als Händler.“ Denn gerade diese „Cross-Medialität“ könne Verkaufszahlen und Kundenkontakte deutlich steigern.

Bevor Redner und Händler die Diskussion in lockerer Runde teils bis in die Nacht hinein fortsetzten, gab Hannes Brachat aber noch einen positiven Ausblick: „Der Markt tritt zwar seit einigen Jahren auf der Stelle“, sagte er. „Aber für die nächsten Jahre wird wieder ein leichtes Wachstum prognostiziert.“ Und vor allem habe das Auto als Produkt noch viele interessante Entwicklungsmöglichkeiten.

Roland Koch

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