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Schule: Promenadenmischung

Müssen alle Autos in eine Schublade passen? Honda sagt Nein und bringt zum Beweis den neuen CR-V

Einerseits, andererseits. Um zu sehen, wie wenig sich dieses Auto entscheiden kann, reicht ein Blick von der Seite. Die Linie der Karosserie zeichnet einen SUV (Sports Utility Vehicle), die Form der hinteren Fenster eine Limousine. Mit dem neuen CR–V erhebt Honda das Sowohl-als-auch zum Modell. Und zwar mit einer Konsequenz, die Konkurrenten bislang gescheut haben. Gewiss, in diesem Segment gönnen sich die meisten SUV von allem etwas. Die Maße der Mittelklasse. Ein bisschen Sexappeal von den Offroadern. Den Komfort der Familienkutsche. Und ganz ohne Aufpreis die hohe Sitzposition der Wohlhabenden. Seit gut zehn Jahren hat dieses Mischlingsprinzip wachsenden Erfolg. Ob RAV-4, Santa Fe, Sorrento, X3 oder Opels neuer Antara – all diese SUV sind keine Geländewagen, vermitteln aber optisch und allradgetrieben gezielt eine Ahnung davon. Hondas Neuauflage des CR-V ist zwar eine Kombination ähnlicher Elemente, erweckt aber einen feineren Anschein: den eines sportlichen Hightech-Kombis mit Limou-Flair.

Deshalb bewerben die Japaner zuvorderst „Alleinstellungsmerkmale“ – damit sind bemerkenswerte Leckerlis der Ingenieure gemeint. Features, wie wir sie bislang eher von Limousinen der gehobenen Klasse kennen:

Der Tempomat ACC sorgt dafür, dass die Distanz zum Vordermann stets gleich bleibt – unabhängig von dessen Geschwindigkeit. Der CR-V bremst und beschleunigt also auf Wunsch nicht nur selbstständig, um ein konstantes Tempo zu halten, sondern um bei gleichbleibend sicherem Abstand schnellstmöglich vorwärtszukommen.

Der Bremsassistent CMBS , der nach dem Prinzip der Pre-Safe-Bremse in der S-Klasse arbeitet. Das System misst über einen Kurzwellenradar im Kühlergrill den Abstand zum Vorausfahrenden, gleicht den mit der eigenen Geschwindigkeit ab und erkennt so potenzielle Unfallsituationen. Ergibt sich daraus eine Gefahr, summt’s und blinkt’s im Armaturenbrett – Bremsalarm! Reagiert der Fahrer nicht, wird merklich an seinem Gurt gezuppelt; zudem wird das Auto dezent gebremst. Ignoriert der Mensch derlei Maßregelung, greift die Maschine brachial ein, um die Folgen einer jetzt unvermeidlichen Kollision zu mildern. Der Wagen wird sehr kräftig abgebremst, die Gurte von Fahrer und Beifahrer stark angezogen.

Das Stabilisierungsprogramm TSA überwacht ständig die Bewegungen eines mitgeführten Anhängers. Kommt der ins Schlingern, wird das Drehmoment des Motors automatisch verringert; die Stabilität wird durch eine gezielte Bremssteuerung wiederhergestellt.

Glaubt man Honda, sind diese Assistenzsysteme „kein Selbstzweck“, bringen vielmehr „einen echten Nutzen für den Kunden“. Technisch stimmt das, faktisch werden die wichtigsten Innovationen nur in der Spitzenversion „Executive“ offeriert – in einem Safety-Paket, das mit 3000 Euro zu Gemüte schlägt. Damit kostet der beste CR-V als 2-Liter-Benziner stolze 35 400 Euro; als 2,2-Diesel 38 500 Euro.

Die untere Ende der Skala beginnt jeweils knapp 10 000 Euro darunter. Damit ist die dritte Generation des CR-V kein Preisschlager. Aber ein solides und ansehnliches Auto bekommt man dafür durchaus: Der Benziner schlägt sich passabel, der Diesel passabler. Der jetzt rundlicheren Form muss man sich auch ohne Garage nicht schämen; hat man eine, gewinnt man darin mehr Platz. Der neue CR-V ist elf Zentimeter kürzer, da die Kofferraumklappe kein Ersatzrad mehr trägt wie vormals die seitlich öffnende Hecktür. Das Mobil ist 35 Millimeter flacher als der Vorgänger, aber um dasselbe Maß breiter – beides macht die Optik sportlicher. Das Fahrwerk gibt sich onroad souverän und komfortabel, offroad ist es ohne Differenzialsperre und sich nur bei Schlupf zuschaltendem Allrad bestenfalls in leichtem Gelände zu empfehlen.

Die Verarbeitungsqualität im Inneren ist tadellos, das Design gefällt, ohne aufdringlich zu wirken, wie es im Honda-Provokateur Civic der Fall ist. Wer genau hinschaut und dazu den Fingertest macht, findet hier einen weiteren Beleg für das Prinzip dieses Autos. Die Kunststoffe im Cockpit sind hart. Billig. Aber geprägt, gefärbt oder beschichtet wurden sie derart geschickt, dass die Sache anders ausschaut. Wertig.Wie gesagt: einerseits, andererseits.

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