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Wenn es bei Schulen jahrelang bergab gehe, und sich kaum Schüler anmelden, könne auch eine Schließung erwogen werden, heißt es aus der Koalition.

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Schlechte Schulen: Schließungen sind kein Tabu für die Koalition

Wenn es jahrelang bergab gehe, müsse eine Auflösung der Schule erwogen werden, hieß es aus SPD- und CDU-Fraktion. Auch eine Änderung des Beamtenrechts wird diskutiert, damit schwache Rektoren abgelöst werden können.

Die Koalition schreckt vor der Auflösung schlechter Schulen nicht zurück. Wenn es jahrelang abwärts gehe und alle Mittel ausgeschöpft seien, müsse auch das erwogen werden, hieß es am Dienstag aus den Koalitionsfraktionen. Offen zeigten sich CDU und SPD auch gegenüber einer Änderung des Beamtenrechts, damit schwache Schulleiter nicht bis zu ihrer Pensionierung ihre Schulen lahmlegen können.

„Das Beamtenrecht muss weiterentwickelt werden“, fordert die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Hildegard Bentele. Es würde „auch dem Nachwuchs helfen“, wenn Schulleiter nicht jahrzehntelang ihre Posten blockierten. Bentele schlägt vor, Führungspositionen auf Zeit zu vergeben. Man müsse verlangen können, dass Leitungspersonal zurückgestuft werde, wenn es nicht geeignet sei. Darüber hinaus setzt sie sich dafür ein, dass „ein Drittel aller Beschäftigten alle fünf Jahre rotiert“.

Anlass für die kühnen Thesen ist die verfahrene Situation einiger Dutzend Schulen. Einer der erfolgreichsten Rektoren Berlins, der Moabiter Rektor Jens Großpietsch, hatte am Dienstag im Tagesspiegel gefordert, dass Schulleiter und andere Funktionsträger sich alle drei Jahre zur Wahl stellen sollten. Zudem schlägt er vor, Schulen zu schließen, wenn sie keine erfolgversprechenden Ansätze zeigen.

„Mit mir kann man über Schulschließungen reden“, sagte am Dienstag der SPD-Bildungspolitiker Ilkin Özisik. Für die Neuköllner SPD sei das Thema nicht neu. Es gebe noch immer deprimierende Schulen, die als „Verschiebebahnhof“ fungierten: „Da will man wegrennen“. Anders als Bentele hält Özisik es für richtig, dass Berlin weder Lehrer noch Schulleiter verbeamtet. In dieser Haltung bestätigen ihn auch die Probleme, Beamtenrecht und Bestenauslese unter einen Hut zu bekommen: Noch immer ist es so, dass sich schwächere Konkurrenten bei der Besetzung von Schulleiterposten durchsetzen können, sofern sie eine höhere Besoldungsstufe haben als ihre Mitbewerber.

Wozu das führen kann, macht das Beispiel der Sekundarschule an der Skalitzer Straße deutlich. Sie entstand vor zwei Jahren aus der Fusion von Eberhard-Klein- und Carl-Friedrich-Zelter-Hauptschule. Letztere hatte 2007 den Hauptschulpreis bekommen, war sehr beliebt, und Rektor Robert Hasse sollte die Fusionsschule leiten. Dann aber wurde anders entschieden – trotz massiver Elternproteste: Der rund 15 Jahre jüngere Hasse lag in der Besoldungsstufe unter dem Konkurrenten Bernd Böttig, bekam die Stelle nicht und verließ die Schule im Jahr 2011. Aktuell hat sie für 100 Plätze nur 24 Anmeldungen. Hasse hat Berlin erstmal den Rücken gekehrt: Er ist jetzt Geschäftsführer der Frankfurter Start-Stiftung, die Schüler- Stipendien an engagierte Migranten vergibt.

Der bündnisgrüne Bildungspolitiker Özcan Mutlu hatte die Probleme an der Skalitzer Straße kommen sehen und seit 2009 mit Kleinen Anfragen und parlamentarischen Anträgen immer wieder das Augenmerk des Senat auf diese problematische Fusion gedrängt – vergebens. Inzwischen ist genau das eingetreten, was Mutlu befürchtet hatte und was ihn darin bestärkt, Verbeamtungen im Schulbereich weiterhin zu vermeiden.

Die Schulleiterverbände sehen das anders. Harald Kuhn vom Interessenverband Berliner Schulleitungen (IBS) will zurück zur Verbeamtung und lehnt die von Bentele wieder ins Gespräch gebrachte Rotation ab. Allerdings möchte Kuhn eine „zertifizierte Ausbildung“ künftiger Schulleitern und anschließend verpflichtende Fortbildungen. Ralf Treptow vom Verband der Oberstudiendirektoren, der ebenfalls die Verbeamtung verteidigt, macht die Schulaufsicht mitverantwortlich dafür, dass schwache Schulleiter von ihren Posten nicht mehr herunterzubekommen sind: Immer wieder passiere es, dass die zweijährige Probezeit, die es ja gebe, nicht genutzt werde, um Fehlbesetzungen zu vermeiden: Anstatt den betreffenden Schulleitern Mängel oder Versäumnisse nachzuweisen, lasse man die Frist ungenutzt verstreichen.

Treptow, der das Pankower Rosa-Luxemburg-Gymnasium leitet, kann sich aber durchaus vorstellen, dass schlechte Schulen geschlossen werden. „Den Mut muss man haben“, steht für ihn fest. Auch Hildegard Bentele (CDU) will das als „letzte Option“ nicht ausschließen. In die Gebäude könnten Filialen erfolgreicher Schulen einziehen, bekräftigt sie einen weiteren Vorschlag von Jens Großpietsch.

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