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Schüler als Touristenführer: Learning by doing

Schüler erproben ihre Sprachkenntnisse – als Touristenführer auf der Spree. Eine Kooperation zwischen der Köpenicker Merian-Schule und der Stern- und Kreisschifffahrt macht's möglich.

Von Anna Sauerbrey

Die Lieblingsspreebrücke von Philip Bowes ist die Moltke-Brücke. Begeistert macht der 18-Jährige die Fahrgäste aufmerksam auf den schönen roten Sandstein und die Kinderfiguren in römischer Soldatenkleidung, erst auf Englisch und dann auf Deutsch. Vor etwa zwanzig Minuten hat das Schiff der Stern- und Kreis-Reederei vom Nikolaiviertel abgelegt, der Schüler hat zum gelben Mikrofon gegriffen und die Touristen zur ersten Tour des Tages auf der Spree begrüßt: „Ladies and gentlemen, I have the privilege to welcome you on board.“

Eigentlich müsste Philip Bowes, wie seine Mitschüler auch, an diesem Vormittag die Schulbank drücken. Der junge Mann besucht die 12. Klasse der Merian-Gesamtschule in Köpenick und macht nächstes Jahr Abitur. Eine Woche lang aber stellt seine Schule 50 Jugendliche in den Dienst der Reederei. Auf sieben Schiffen schieben die Merianer in Schichten Dienst und erläutern den Berlin-Touristen auf Englisch, Französisch, Russisch und Deutsch die Sehenswürdigkeiten entlang der Spree. Für diesen Job mussten sie sich in einem schulinternen Auswahlverfahren qualifizieren und die Erläuterungen vorbereiten. „Für die Schüler ist das eine wirklich gute Gelegenheit, ihre Sprachkenntnisse auszuprobieren“, sagt Lehrerin Bärbel Ellinger. Sie koordiniert das Projekt intern und begleitet an diesem Tag die Schüler.

Philip Bowes ist derselben Meinung. „Man lernt, selbstbewusster mit der Sprache umzugehen als in der Klassenraumsituation“, sagt er. Und auch Jürgen Loch, einer der Geschäftsführer der Reederei, ist sehr zufrieden mit seinen neuen „Stadtbilderklärern“, echten Menschen, die sonst auf den Schiffen schon durch GPS-gesteuerte Audioguides in fünf Sprachen ersetzt sind.

Während Philip Bowes und seine Mitschülerin Carolin Dahler vorne an der Brücke am Mikrofon englisch und deutsch Tränenpalast und Reichstag erläutern, betreuen im hinteren Teil drei Schülerinnen der 10. Klasse eine Gruppe Franzosen. Alle drei sind neu im Projekt und haben einen schwierigen Job. Sie müssen die sehr knappen Pausen in den englischen Erläuterungen abwarten, um auf Französisch zu übersetzen. Aufgeregt sortieren die drei die Karteikarten mit ihren Notizen. Die französischen Kulturreisenden sind anspruchsvoll.

„Qu’est-ce que c’est?“, fragt eine rothaarige Dame aus Lyon immer wieder fordernd die drei Schülerinnen, wenn die aus ihrer Sicht nicht schnell genug mit den Erklärungen hinterherkommen. „Das ist gar nicht so einfach“, seufzt die 15-jährige Tasia Boretino, aber sie gibt nicht auf. Endlich hat sie das Kärtchen zur Museumsinsel gefunden. „C’est l’Ile aux Musées“, sagt sie erleichtert und zählt auf Französisch auf, welche Gebäude zu sehen sind. Die Dame ist zufrieden. „Wir geben euch gute Noten“, sagt sie schmunzelnd und gibt dann den Schülerinnen noch einen Tipp für den nächsten Urlaub: eine Rundfahrt auf der Seine.Anna Sauerbrey

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