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Schul-Doping: Dürfen Lehrer den eigenen Kindern mit Extra-Büchern helfen?

Unser Kooperationspartner "das-tut-man-nicht.de" lässt Experten Stellung nehmen zu ethischen und moralischen Konflikten. Heute antwortet der Direktor des Berliner Canisius-Kollegs, Klaus Mertes SJ, auf die Frage, ob Lehrer ihren eigenen Kindern mit besonderem Materialien helfen dürfen.

Frage: Mein Sohn ist auf das Gymnasium gewechselt und tut sich nicht ganz leicht. Seinem Freund ging es ebenso, doch bei den letzten Tests und Klassenarbeiten hat er recht ordentlich abgeschnitten. Als er bei uns zu Besuch war, verplapperte er sich und erzählte, seine Mutter habe zum Teil genau das mit ihm geübt, was drangekommen sei. Ich musste feststellen, dass seine Mutter, eine Lehrerin, offensichtlich Testmaterialien bestellt hat, die eigentlich nur Lehrkräften zugänglich sind und die diese für Klassenarbeiten einsetzen. Die Mutter sagte, dass sie sich gar nichts Böses dabei gedacht habe und mit ihrem Kind nur gezielt habe üben wollen. Jetzt denke ich darüber nach, ob ich nicht auch versuchen soll, an das Material zu kommen. Tut man das?

Klaus Mertes SJ antwortet:

1. Die Schulbuchverlage verkaufen bestimmtes Begleitmaterial nicht ohne Grund nur an Lehrer. Es verstößt gegen die berufsethischen Regeln, als Lehrer solche Vorteile privat auszunutzen.

2. Als Eltern gibt man dem eigenen Kind, das sein Verhalten am Vorbild von Vater und Mutter orientiert, ein falsches erzieherisches Signal.

3. Der lernpädagogische Effekt der reinen Reproduktion ist gering.

Fazit: Lehrer, die bei sich zwischen der Eltern- und Lehrerrolle nicht unterscheiden können, sind schlechte Lehrer und schlechte Eltern. Eltern, die diesen Unterschied respektieren und sich auch in ihrer Eigenschaft als Lehrer daran halten, sind gute Eltern und geben ihren Kindern durch ihr Verhalten zugleich ein Signal, wie sie selbst zwischen guten und schlechten Lehrern sowie guten und schlechten Eltern unterscheiden können. Das tut man nicht.

Seit dem Jahr 2000 leitet Klaus Mertes das Canisius-Kolleg in Berlin, eins der renommiertesten Gymnasien Deutschlands. Studiert hat der gebürtige Rheinländer in Bonn, Münster. München und an der Jesuitenhochschule St. Georgen bei Frankfurt. Mertes unterrichtet Religion und Latein. Er ist Autor mehrerer Bücher über Religion und Erziehung.


Quelle: www.das-tut-man-nicht.de

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